Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§§ 101, 102. Die Verwaltung des Kirchen= u. Schulwesens. Die Volksschule u. ihre Organisation. 357 
mäßigen Gottesdienst haben, die Angehörigen der Konfession, welche den Tag nicht feiert, 
verpflichtet, alle geräuschvollen Beschäftigungen und Handlungen, durch welche der Gottes- 
dienst oder andere religiöse Handlungen der andern Konfession gestört würden, zu unter- 
lassen; wo dagegen nur eine der beiden Konfessionen regelmäßigen Gottesdienst hat, 
haben sich die Bekenner der andern den für die vorherrschende Konfession geltenden Vor- 
schriften bezüglich der bürgerlichen Feier der Sonn-, Fest= u. Feiertage zu unterwerfen. 
Im Streitfall hat das Oberamt nähere Vorschriften zu geben 7. 
III. Kapitel. 
Die Verwaltung des Kirchen= und Schulwesens. 
§ 101. Dieser Zweig der Landesverwaltung erstreckt sich auf zwei wesentlich verschiedene 
Gebiete der Staatsthätigkeit, deren Verbindung, wenn man von dem historischen Zusammen- 
hange zwischen der Kirche und der Volksschule absieht, wesentlich durch die Gemeinsam- 
keit der obersten Verwaltungsbehörde vermittelt ist. Er umfaßt nämlich: 
1. Die gesammte Fürsorge des Staates für die geistige Ausbildung der Staats- 
genossen, soweit dieselbe in den Formen der Verwaltung bethätigt wird, insbesondere die 
unmittelbare Leitung und Beaufsichtigung der zu diesem Zwecke bestehenden öffentlichen 
Anstalten und die Oberaufsicht über die zugelassenen Privatanstalten auf Grund des 
staatlichen Hoheitsrechts. 
2. Die Wahrung der verfassungsmäßigen Rechte der im Staate bestehenden Kirchen 
und religiösen Gemeinschaften, namentlich aber die Ausübung des obersthoheitlichen Schutz- 
und Aufsichtsrechts über dieselben. 
Das an der Spitze dieser Departements stehende Ministerium des Kirchen- und 
Schulwesens hat hiernach im Wesentlichen folgenden Wirkungskreis: 
A. Auf dem Gebiete der Schule: die Oberaufsicht über alle, die allgemeine Volks- 
bildung und die spezielle Berufsbildung bezweckenden Unterrichts= und Erziehungsanstalten, 
sowie über die für Wissenschaft und Kunst bestehenden Staatsinstitute, endlich die Ober- 
aufsicht über die für die genannten Zwecke gebildeten besonderen Fonds. 
B. In Beziehung auf die einzelnen Kirchen: die unter 2. hervorgehobene Geltend- 
machung des staatlichen Schutz= und Aufsichtsrechts, woneben dasselbe, was die evangelische 
Landeskirche betrifft, in innerkirchlichen Angelegenheiten die Entschließungen des Landes- 
herrn auf die Anträge des evangelischen Konsistoriums und Synodus zu vermitteln und 
zugleich im Namen des Landesherrn die Dienstaufsicht über die genannten Kirchenver- 
waltungsbehörden zu führen hat#). 
I. Das Schulwesen 7). 
§ 102. A. Die Volksschule und ihre Organisation. I. Dem Volksschulwesen ist 
schon im Herzogthum Württemberg seit Einführung der Reformation eine aufmerksame 
Pflege zu Theil geworden"). Die Grundlage desselben bildet jetzt das Volksschulgesetz 
1) A. a. O. § 13; bezüglich der Sonntagsfeier Seitens anderer Konfessionen und Religionen 
z. B. der Juden f. § 14; über die Zulässigkeit weiterer Beschränkungen durch besondere ortspolizei- 
liche Anordnung, und über die Dispensation von einzelnen dieser Verbote s. a. a. O. § 15; vgl. 
auch Boscher'’s Z. B. XXXV S. 377 f. 
2) Königl. V.O. v. 20. Dez. 1867 betr. die Stellung des Min. des Kultus und Schulwesens. 
3) Vgl. auch G. Meyer, Deutsches Verw. Recht 1 S. 218; Jolly in Schönberg's Handbuch. 
Ueber die Geschichte des württemberg. Unterrichtswesens vgl. Eisenlohr in Reyscher's Gesetzsamml. 
B. XI S. 1ff., Mohl, II S. 398 Note 1 u. 2, Riecke, Verfassung 2c. S. 245 ff. und bezüglich 
des Volksschulwesens: Stirm, das Volksschulwesen in Württemberg, 1873; Krafft, das Volks- 
schulgesetz v. 1836, Stuttg. 1883. 
4) S. d. Gr. Kirchen Ordnung v. 1559 „von den Schulen“. 
 
	        
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