Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

360 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltg. III. Die Verwaltg. d. Kirchen= u. Schulwesens. § 102. 
wird. Eine Erhöhung des Schulgeldes über die vorgenannten Beträge bedarf der Ge- 
nehmigung der Kreisregierung!). Kinder unbemittelter Eltern sind nach dem Ermessen 
der Ortsschulbehörde frei zu lassen. Reichen diese Mittel nicht zu, so sind die Kosten 
der Volksschule als Gemeindelast nach dem Steuerfuß umzulegen. Unbemittelte Gemeinden 
erhalten zu den Kosten der Schulhausbauten und zu den Gehalten der Lehrer Beiträge 
aus der Staatskasse?. 
III. Lehrer und Lehrgegenstände. 1. Die Lehrer an den V.Sch., einschließlich 
der freiwillig errichteten Konfessionsschulen, sind entweder auf Lebenszeit angestellt (stän- 
dige Lehrer) oder auf jederzeitigen Widerruf (wie die Schulamtsverweser, Unterlehrer, 
Lehrgehilfen, Hilfslehrer und Fachlehrer) 3). Ihre Anstellung und Entlassung steht nicht 
den Gemeinden, sondern der Oberschulbehörde zu. Soweit ausnahmsweise Standesherren, 
Rittergutsbesitzer oder andere Personen, insbesondere Gemeinden auf Grund eines Privat- 
rechts ein Ernennungsrecht für ständige Lehrstellen haben, steht der Oberschulbehörde das 
Recht der Bestätigung und der Entlassung zu. 
Ihre Ausbildung erhalten die Lehrer wie die Lehrerinnen (s. o.) an den Präpa- 
randenanstalten und Schullehrerseminarien. Zu diesem Zweck stehen unter der evan- 
gelischen Oberschulbehörde die (vier) evangelischen Schullehrerseminarien, als Staatsanstalten, 
in welchen der Unterricht unentgeltlich ertheilt wird und zu deren Besuch den Zöglingen 
aus den hierzu verwilligten Fonds jährliche Unterstützungen gewährt werden, ferner ein 
Seminar zur Heranbildung von Jungfrauen für den Dienst an den jüngeren Klassen der 
Volksschulen, zugleich mit Lehrkursen für Arbeitslehrerinnen. In derselben Weise stehen 
unter dem katholischen Kirchenrath die (zwei) katholischen Schullehrerseminarien. — An zwei 
evangelischen und einem katholischen Lehrerseminar wird den Zöglingen zugleich Taub- 
stummenunterricht an den damit verbundenen Taubstummenanstalten ertheilt 0. 
Zur Fortbildung der Lehrer dienen außerordentliche Lehrkurse, Schullehrerkonferen= 
zen und Bezirksschulversammlungen. 
Es findet nämlich neben der jährlichen Hauptkonferenz, der Bezirksschulver- 
sammlung, für die sämmtlichen ständigen Lehrer bis zum zurückgelegten 60. Lebensjahr, 
sowie für die unständigen Lehrer jährlich eine allgemeine Schulkonferenz statt, 
unter der Leitung des Bezirksschulaufsehers oder eines von der Oberschulbehörde bestellten 
besonderen Konferenzdirektors. Außer diesen zwei allgemeinen Konferenzen werden für die un- 
ständigen Lehrer, welche das 30. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, jährlich zwei Sonder- 
konferenzen abgehalten?). 
2. Die wesentlichen Unterrichtsgegenstände der Volksschulen, als der allge- 
meinen Bildungsanstalt für die gesammte Bevölkerung, bilden nach dem Volksschulgesetze 
von 1836: die Religions= und Sittenlehre, Lesen, Schreiben, deutsche Sprache, Rechnen 
und Singen. Neuerdings wurden als obligatorische Lehrgegenstände die Realien (Ge- 
schichte, Geographie, Naturlehre und Naturgeschichte und für Knaben — mit dem vierten 
Schuljahr beginnend — das Turnen), als fakultativ das Zeichnen beigefügt. Die nähere 
  
1) Ges. v. 6 Nov. 1858 Art. 3 Z. 2—4, woselbst das Nähere. 
2) Schul G. Art. 23. 
3) Schulnov. v. 1877 Art. 1. 
4) Vgl. die M.V. v. 15. Febr., 16. Juni u. 13. Aug. 1866 u. die Konsist. Erl. v. 21. Jan. 
1876, 29. Jan. 1861, 7. Mai 1869, 23. Jan. 1880 u. bezüglich des Lehrerinnenseminars die Kons.= 
Erl. v. 27. Juli 1875 u. 9. Juli 1880. 
5) Volkssch. G. v. 1836 Art. 4 u. M.V. v. 11. Nov. 1865, namentlich aber die M.V. v. 
10. Febr. 1891. Wegen des Aufwands für die Schullehrerkonferenzen und die Schullehrerkurse, 
welcher mit Ausnahme der von der Gemeindekasse zu tragenden Reisekostenentschädigung von der 
Staatskasse bezahlt wird, vgl. die M. V. v. 16. Okt. 1876 u. 30. Jan./10. Febr. 1891.
	        
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