8105. Die Hochschulen und andere akademische Anstalten. 367
a) Die (3) Ackerbauschulen. Jede dieser Anstalten 1) ist auf einer Staatsdomäne
gegründet für je 12 Zöglinge, in Ellwangen und Ochsenhausen mit dreijährigem, in Kirchberg
versuchsweise mit zweijährigem Lehrkurfus. Ihr Zweck ist, junge Männer vornehmlich aus
dem Bauernstande durch entsprechenden theoretischen Unterricht und durch Einübung der mit der
Schule verbundenen Landwirthschaft zu einem rationellen Betrieb eigener oder fremder Guts-
wirthschaft zu befähigen.
b) Die Weinbauschule (in Weinsberg) für 12 Zöglinge (vornehmlich aus dem
Weingärtnerstande) mit zweijähriger Lehrzeit; zugleich Musterbetrieb für Wein-, Obst= und land-
wirthschaftlichen Gartenbau#?).
Jc) Die (5) landwirthschaftlichen Winterschulen zur Ertheilung eines
populären Unterrichts in der Landwirthschaft, sowie in deren Hilfsfächern, an junge Leute aus
den bäuerlichen Kreisen, welche das 15. Lebensjahr zurückgelegt haben und zwar in zwei auf je
5 Monate (November bis März) berechneten Winterkursen?).
Ueber die mit der Volksschule zusammenhängenden landwirthschaftlichen Fort-
bildungsschulen s. o. S. 363.
2. Die Baugewerkeschule steht unmittelbar unter dem Kultusministerium. Ihr Zweck
ist die Ertheilung eines systematischen, sowohl theoretischen als praktischen Unterrichts an künftige
Baugewerkemeister, niedere Hochbautechniker, niedere Wasserbautechniker und Mühlenschauer,
Geometer und Kulturtechniker, Mechaniker, Maschinenbauer, Schreiner, Schlosser, Flaschner 2rc.
Die Organe für die unmittelbare Leitung der Anstalt sind der Hauptvorstand, der Lehrerausschuß
und der Lehrerkonvent .
Bezüglich der gewerblichen Fortbildungsschulen s. o. S. 363.
§ 105. D. Die Hochschulen und andere akademische Anstalten 5). 1. Die Landes-
Universität Tübingen ). Sie ist dem Kultusministerium unmittelbar untergeordnet. Ihre
gegenwärtige Organisation beruht auf dem organ. Statute vom 18. Jan. 1829, durch
welches die alte korporative Verfassung beseitigt und die Universität zu einer reinen Staats-
anstalt gemacht wurde, woran auch eine spätere Verordnung vom 18. April 1831 nur
wenig geändert hat?).
Die Stelle des Vorstandes der Universität ist einem Rektor übertragen, welcher
aus der Zahl von drei Professoren, die der akademische Senat vorschlägt, von dem Könige
je für die Dauer eines Jahres ernannt wird. Er führt die Direktion des akademischen
Senats, der Disziplinarkommission und des Verwaltungsausschusses mit den Rechten und
Pflichten eines Kollegialvorstandes, hat die Aufsicht über das akademische Lehr-, Amts-
und Dienstpersonal, besorgt die Immatrikulirung und Verpflichtung der neuankommenden
Studirenden ünd stellt die Studien= und Sittenzeugnisse aus; auch hat er die akademische
Disziplin zu handhaben.
Der Kanzler wird vom Könige ernannt. Er hat als Königl. Kommissär die
Verwaltung der Universität im Ganzen wie im Einzelnen zu kontrolliren, auch bei der
Verleihung akademischer Würden die mit seinem Amte herkömmlich verbundenen Verrich-
tungen auszuüben. Im akademischen Senat ist er der erste Votant.
Der akademische Senat besteht aus dem Rektor als Vorstand, dem Kanzler,
der Gesammtheit der ordentlichen Professoren und aus dem Universitätsamtmann. Seiner
1) Ueber ihre Errichtung vgl. die Königl. V. O. v. 28. Mai 1842 und die Bekanntm. vom
16. Dez. 1850 u. M. . v. 21. Juli 1891.
2) Vgl. Bekanntm. v. 28. Dez. 1867 u. v. 21. Juli 1891 und bezüglich des für diese Schule
eingesetzten Kuratoriums aus sechs Sachverständigen im Weinbau die M.V. v. 16. Mai 1871.
3) S. Staats Hdb. S. 703f.
4) Vgl. im Uebrigen die in der M.V. v. 26. Okt. 1865 enthaltenen organischen Bestimmungen
für diese Schule.
5) Vgl. G. Meyer a. a. O. II 88 90 u. 91, Löning V.R. § 197.
6) Ueber die Geschichte der Universität, welche 1477 durch den Grafen, späteren Herzog
Eberhard gegründet wurde, vgl. Mohl, II S. 416 Note 1 und Riecke, Verf. S. 245 f. und
über die Litteratur insbesondere S. 244.
7) S. Mohl a. a. O. S. 421.