376 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltg. III. Die Verwaltg. d. Kirchen- u. Schulwesens. 8109.
dienern nach §§ 74 und 80 der V. U. lebenslänglichen Ruhegehalt zu gewähren und
haftet bei den katholischen Geistlichen auch im Falle der Entsetzung vom Amte für den
Tischtitel (§ 81 a. a. O.) 1). Für die katholische Kirche bestehen zwei besondere Fonds:
die Bisthumsdotation und der Intercalarfonds (s. u.).
II. Das Verhältniß des Staates zur evangelischen Kirche.
§ 109. Der König hat eine doppelte Stellung gegenüber der evangelisch-luthe-
rischen Landeskirche. Als Landesbischof ist er Oberhaupt derselben und hat die oberste
Leitung der kirchlichen Gewalt; als Staatsoberhaupt hat er der evangelischen Kirche den
staatlichen Schutz zu gewähren und das obersthoheitliche Aufsichtsrecht über dieselbe aus-
zuüben (V. U. 8§ 71, 72, 75). Die hiernach auch dieser Kirche gegenüber grundsätzlich
anerkannte Unterscheidung zwischen dem jus in sacra und circa sacra hat jedoch, so
lange der Landesherr und der Kultminister der evangelischen Kirche angehören, keine
praktische Bedeutung, da die Entschließungen des Königs als Landesbischof durch den
Minister des Kirchen= und Schulwesens an die Organe der kirchlichen Verwaltung ver-
mittelt werden, derselbe Minister aber auch die staatshoheitlichen Rechte des Königs gegen-
über der Kirche geltend zu machen hat?).
1. Das Kirchenregiment der evangelisch-lutherischen Kirche wird nach § 75
der V. U. )) durch das Königl. Konsistorium und „den“ durch Hinzutritt der sechs
Generalsuperintendenten gebildeten „Synodus“ verwaltet und zwar nach Maßgabe der
bestehenden oder künftig zu erlassenden verfassungsmäßigen Gesetze, d. h. nach der von
Regierung und Ständen anerkannten Auslegung dieser Worte: der bestehenden oder künf-
tigen innerhalb der von der Landesverfassung gezogenen Grenzen erlassenen Kirchengesetze"".
Demgemäß ist denn auch in der Folge durch den König als Landesbischof unter Mit-
wirkung des Synodus und ohne weitere Mitwirkung der Staatsgesetzgebung — soweit
nicht zur Deckung des Mehraufwandes für kirchliche Bedürfnisse die Mittel des Staates
in Anspruch zu nehmen waren — die jetzt bestehende Verfassung der evangelischen Landes-
kirche allmählig ausgebildet worden, indem zuerst durch die Königl. V. O. v. 25. Jan. 1851
das Institut der Pfarrgemeinderäthe, durch die Königl. V.O. v. 18. Nov. 1854 die
Diöcesansynoden, beide unter Beiziehung des Laienelements, eingeführt, hierauf zunächst
durch eine Königl. V.O. v. 20. Dezember 1867 (1) eine Landessynode zur Vertretung
der Gesammtheit der Kirchengemeinden (s. übrigens S. 378 N. 1) eingesetzt und durch
V.O. von demselben Tag (II) die Stellung des Ministeriums des Kirchen= und Schul-
wesens zwischen dem Konsistorium und Synodus einerseits und dem evangelischen Landes-
herrn andererseits geregelt wurde. Den Abschluß fand diese kirchliche Gesetzgebung im
Anschluß an das staatliche Gesetz vom 14. Juni 1887, betreffend die Vertretung der
evangelischen Kirchengemeinden durch das kirchliche Gesetz über die evangelischen Kirchen-
1) Nach dem Etat von 1893/95 betragen die Leistungen des Staates für Gehalte der evan-
gelischen Kirchendiener 2325922 M., der katholischen Kirchendiener 1026850 M., ohne Einrechnung
des bischöflichen Tisches und der Gehalte der Geistlichen des Domkapitels (128060 M.) und ohne
die Pensionen; s. auch Riecke a. a. O. S. 151 und über die Leistungen für Pensionen S. 154 f.
2) Bezüglich des früheren Rechts vgl. Mohl, II S. 453 ff.; (die Litteratur S. 457 Note 1)
und dazu noch Hauber: Recht und Brauch der ev.-luth. Kirche Württembergs 1854; über das
neueste Recht s. die S. 378 N. 1 citirte Schrift v. Rieker.
3) Welche in dieser Beziehung, wie f. Z. der Landtagsabschied von 1565 rc., sich zugleich
als Kirchengesetz darstellt, aber nach heutigem Recht in Beziehung auf die Organe der evangelischen
Kirche (wie in Beziehung auf die kath. Kirche) nur referirenden Charakter hat.
4) Vgl. die Verh. der Abg. K. 1870/74 S. 5684f., 5736 u. I. Beil. B. S. 2273ff. und
R. Gaupp, Verf. Urk. S. 82f.