Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

380 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltg. III. Die Verwaltg. d. Kirchen= u. Schulwesens. 8 109. 
inner-kirchliche Gebiet, sondern nur auf die Wahrung der staatlichen und bürgerlichen 
Interessen bei der Vermögensverwaltung. Zu diesem Zwecke bedürfen auch gewisse auf 
die Vermögensverwaltung bezügliche Beschlüsse des Kirchengemeinderaths der Genehmigung 
der Kreisregierung zur Gültigkeit und Vollziehbarkeit der beschlossenen Rechtsakte ½. 
In größeren Kirchengemeinden kann der Kirchengemeinderath die laufenden und 
weniger wichtigen Geschäfte der Vermögensverwaltung einem aus seiner Mitte gewählten 
Verwaltungsausschuß übertragen, welcher aus dem Geistlichen als Vorsitzenden, dem 
Kirchenpfleger und mindestens einem weiteren weltlichen Mitglied des Kirchengemeinde- 
raths besteht ?. 
Kirchliche Steuern können auf die Kirchengemeindegenossen nur mit Genehmigung 
der Staatsbehörde und nur wenn die laufenden Einnahmen der Kirchenkasse zur Bestrei- 
tung der kirchlichen Bedürfnisse nicht ausreichen, und bei außerordentlichen Ausgaben ein 
Grundstocksangriff oder die Aufnahme eines Anlehens nicht zulässig erscheint, umgelegt 
werden. Die Ausführung der kirchlichen Besteuerung unterliegt dann aber wieder der 
Staatsaussicht, insbesondere bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der Auferlegung, der Leistungs- 
fähigkeit der Pflichtigen und der Angemessenheit des Beitragsfußes. Die Gesammtsumme 
der Umlagen darf ferner 10% der von der Gesammtheit der kirchensteuerpflichtigen 
Genossen zu entrichtenden direkten Staatssteuern aus Grundeigenthum, Gebäuden, Gewer- 
ben, Kapital-, Renten-, Dienst= und Berufseinkommen nicht übersteigen ). Die bürger- 
lichen Behörden sind hierbei verpflichtet, den kirchlichen Behörden bei Feststellung 
der Grundlagen dieser Besteuerung (wie auch bei der Anlegung von Personallisten 
für andere Zwecke) die Einsichtnahme der erforderlichen Akten zu gestatten"). Keinem 
Genossen der Kirchengemeinde darf mehr als ½ der zu erhebenden Gesammtumlage 
zugeschieden werden. Einen in gemischter Ehe lebenden Gatten trifft die Hälfte der 
Umlage, welche auf beide Gatten fallen würde. Auf Grund einer Einigung zwischen den 
kirchlichen und bürgerlichen Verwaltungsbehörden einer Gemeinde können die kirchlichen 
Umlagen zugleich mit den Steuern für die bürgerliche Gemeinde von dem Gemeinde- 
pfleger erhoben und von diesem im Ganzen an den Kirchenpfleger abgeliefert werden. 
Die Beitreibung der kirchlichen Abgaben erfolgt auf Anrufen der kirchlichen Behörde nach 
Maßgabe des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Ansprüche 
(I und L), also von Staats wegen. Streitigkeiten über kirchliche Umlagen unterliegen — 
als Parteistreitigkeiten — der Verhandlung und Entscheidung der Verwaltungsgerichte 
(also in erster Instanz der Kreisregierung) jedoch mit Ausnahme der Beschlüsse über 
den Maßstab der kirchlichen Umlagen, da diese auf Zweckmäßigkeitsrücksichten beruhen?). 
Neben diesen im staatlichen Gesetz begründeten primären Funktionen des Kirchen- 
gemeinderaths hat das Staatsgesetz der kirchlichen Gesetzgebung anheimgegeben, auch die 
Besorgung der innerkirchlichen Angelegenheiten, welche bisher durch 
die Königl. V.O. v. 25. Jan. 1851 den Pfarrgemeinderäthen übertragen war, dem 
Kirchengemeinderath zu übertragen und für diesen Fall bestimmt, daß dann das — durch 
  
1) Art. 62 a. a. O. Die Entscheidung der Kreisregierung erfolgt hier nach Rücksprache mit 
dem Konsistorium und Anhörung der bürgerlichen Kollegien der betheiligten Gemeinde. . 
2) Das Nähere über den Wirkungskreis dieses Verw. Ausschusses s. in Art. 26, 54, 59, 60, 
61, 69, 70 a. a. O. 
3) Eine Ueberschreitung ist nur unter besonderen Verhältnissen und nur mit Genehmigung 
der Ministerien des Innern u. des Kirchen- u. Schulwesens zuläsfig (s. u.) 
iser Wobei den kirchlichen Behörden dieselbe Pflicht der Geheimhaltung obliegt, wie den 
weltlichen. 
5) Art. 65—73, 90 Abs. 1 u. 3 a. a. O. Außerdem ist die Zuständigkeit der Verwaltungs- 
gerichte I. u. II. Instanz — von dem blos vorübergehenden Ausscheidungsverfahren abgesehen — 
anerkannt für die Streitigkeiten nach Art. 4 Abs. 4, 74 Abs. 1 u. 3 des staatl. Ges.
	        
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