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dieses Rechts ausdrücklich gewahrt, so daß an der ferneren Geltung des § 36 ein Zweifel
nicht bestehen kann. Dagegen fehlt es an näheren gesetzlichen Bestimmungen über die
der Staatsgewalt gegen den Mißbrauch der kirchlichen Gewalt zustehenden Repressions-
mittel. Abgesehen von der gerichtlichen Verfolgung strafbarer Amtsvergehen, s. o., und
der Verweigerung der staatlichen Beihilfe zur Ausführung kirchlicher Verfügungen steht
daher der Staatsgewalt zur Zeit nur die Temporaliensperre als Zwangsmittel zu Gebote,
deren Bedeutung allerdings bei dem großen Umfange der staatlichen Leistungen für kirch-
liche Zwecke nicht zu unterschätzen ist).
i) Die staatlichen Aufsichtsrechte werden durch den katholischen
Kirchenrath ausgeübt. Derselbe ist nach § 79 der V.U. eine nur aus katholischen
Mitgliedern bestehende Behörde 2), welche auch bei der Besetzung geistlicher Aemter, die
vom König abhängen, jedesmal um ihre Vorschläge zu vernehmen ist, übrigens nicht
unmittelbar unter dem Könige steht, sondern wie eine gewöhnliche Mittelstelle dem be-
züglich der Handhabung der staatlichen Hoheitsrechte verfassungsmäßig verantwortlichen
Kultminister untergeordnet ist. Daß Letzterer oder auch nur der im Kultministerium mit
der Behandlung der Angelegenheiten der katholischen Kirche betraute Rath der katholischen
Kirche anzugehören habe, ist nicht vorgeschrieben.
Ueber die Funktion des kath. Kirchenraths als Oberschulbehörde für sämmtliche
katholische Volksschulen, sowie für die israelitischen an Orten, wo die Katholiken die
Mehrheit bilden, s. oben S. 362.
IV. Die israelitische Kirche und andere Religionsgenossenschaften.
§ 111. I. Die „ifsraelitische Kirche“ ist in Württemberg nicht nur als öffentliche
Korporation anerkannt sondern ihre Organisation ist auch durch die Staatsgewalt selbst,
welche sich hierbei nicht auf die Geltendmachung eines Oberaufsichtsrechts beschränkt hat,
unmittelbar geregelt. Maßgebend für den Rechtszustand dieser Kirche sind die noch giltige
dritte Abtheilung des Ges. vom 25. April 1828 betr. die öffentlichen Rechtsverhältnisse
der israelitischen Glaubensgenossen 3) und die V.O.O. v. 27. Okt. 1831 u. 25. März
1851 sowie die Verf. v. 3. Aug. 1832 betr. die kirchliche Eintheilung der Israeliten.
1. Jeder im Königreich ansässige Israelite ist hiernach Genosse einer isfrae-
litischen Kirchengemeinde, deren es zur Zeit 53 sind, eingetheilt in 13 Rab-
binate. Jede Gemeinde hat ihren Kirchenvorsteher und ihre Synagoge, sodann einen
von der Gemeinde zu ernennenden, jedoch vom Staate zuvor geprüften") Vorsänger,
welcher in der Regel auch als Schullehrer fungirt. Der Rabbiner wechselt regelmäßig
mit dem Gottesdienst in den verschiedenen zu seinem Rabbinatsbezirke gehörigen Syna-
gogen.
1) S. auch Golther S. 323 ff. und Hinschius a. a. S. S. 329—333.
2) Diese Vorschrift hatte, so lange das System des Staatskirchenthums herrschte und der
Kirchenrath einen erheblichen Theil der kirchlichen Gewalt selbst ausübte, eine gewisse Berechtigung.
Jetzt, da der Staat auf die Wahrung seiner wesentlichen Hoheitsrechte gegenüber der Kirche be-
schränkt ist, erscheint die Bestimmung, daß die Wahrung nur durch eine aus Katholiken bestehende
Behörde erfolgen soll, als widersinnig. Die Exkommunikation des Kirchenrathes durch den Bischof,
mit welcher Maßregel s. Z. (im Nov. 1853) der Konflikt in Baden eröffnet wurde, würde sofort
die Staatsgewalt nöthigen, ein Organ für die Ausübung ihrer Hoheitsrechte zu schaffen, welches
außerhalb der Machtsphäre des Bischofs liegt.
3) Vgl. auch die Verf. v. 14. Juni 1828, 30. Juli 1829.
4) Ueber die Dienstprüfung der israel. Schullehrer und Vorsänger, für welche eine
besondere dem Ministerium unmittelbar untergeordnete Prüfungskommission besteht: vgl. die M.V.
v. 30. Juli 1829 u. v. 3. Jan. 1833. Ueber die Pensionsverhältnisse der israel. Volks-
schullehrer und Vorsänger vgl. das Ges. v. 23. Juni 1874.