Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

394 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltg. IV. Die Verwaltg. d. auswärt. Angelegenheiten. § 112. 
thanen entgegengenommen, zu welchem Zwecke ein direkter Verkehr zwischen dem Ministerium 
und den diplomatischen Agenten des Reiches stattfindet. Ebenso vermittelt dasselbe den Ver- 
kehr der Königl. Behörden wie der einzelnen Staatsangehörigen mit dem Auswärtigen Amte 
des Reiches. Die Urkunden, welche für das Ausland bestimmt sind und die Reisepässe erhalten 
hier die Beglaubigung. Auch die Ausfertigung der Korrespondenz des Königs mit auswärtigen 
Regenten und das gegenüber dem Auslande zu beobachtende Ceremoniell, sowie die Standes- 
erhöhungssachen gehören zu seinem Geschäftskreise. 
In seiner Eigenschaft als Oberlehenshof hat dieses Ministerium die Aufsicht über 
die nach Aufhebung des Lehensverbandes durch das Gesetz vom 8. Okt. 1874 noch vorhandenen 
Königl. Aktivlehen zu führen und hierbei namentlich die oberstlehensherrlichen Rechte zu wahren, 
übrigens ohne Jurisdiktionsrechte, da bei Streitigkeiten die Civilgerichte zuständig sind ½). 
2. Als Minister des Königl. Hauses liegt dem Minister der auswärtigen 
Angelegenheiten die Besorgung der Familienangelegenheiten des Königl. Hauses 
ob. Nach dem Dekrete vom 3. April 1877 hat dieser Minister auch die Funktionen 
eines Standesbeamten für die Mitglieder des Königl. Hauses unter Oberausfsicht 
des Königs zu besorgen, wogegen das Oberlandesgericht hierbei mit den Funktionen des 
Gerichts erster Instanz (s. o. S. 273 D) beauftragt ist. 
Dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten ist die Archiv-Direktion als 
besondere Behörde untergeben. Dieselbe hat die Aufsicht 
a) über das geheime Haus= und Staatsarchiv zu Stuttgart. In diesem sind 
aufbewahrt: die Urkunden und Akten über die Familienangelegenheiten des Königl. Hauses; 
die geheimen Kabinetsakten der württemb. Regenten vom 16. Jahrhundert an; die Originale 
der Königl. Gesetze und Verordnungen; die älteren Akten über die Beziehungen Württembergs 
zum Deutschen Reich, zu deutschen und außerdeutschen Staaten, sowie die neueren mit fremden 
Regierungen abgeschlossenen Staatsverträge; ältere Akten von hervorragendem geschichtlichem 
Werth aus den verschiedenen Verwaltungszweigen; Urkunden und Akten zur Geschichte der ein- 
zelnen weltlichen und geistlichen Aemter, der Klöster und Stifter des Landes (von den neu- 
württemb. Landestheilen wenigstens die werthvollsten Urkunden); Dokumente über den württemb. 
Adel, insbesondere die wichtigsten Lehensurkunden; weltliche und geistliche Lagerbücher; 
b) über das Staatsfilialarchiv zu Ludwigs burg. In diesem befinden sich 
die Akten der älteren Geheimenraths-, sowie der Lehenrathsregistratur, die an Württemberg 
ausgefolgten Akten des ehemaligen Reichskammergerichts zu Wetzlar; das Archiv des vormaligen 
schwäbischen Kreises; Akten des Hofgerichts zu Rottweil; die Akten der neuwürttemb. Landes- 
theile (s. aber a), insbesondere die in württemb. Besitz verbliebenen Bestandtheile des früheren 
Archivs des Deutschordens zu Mergentheim, die Akten des Fürstenthums Ellwangen; der Ritter- 
kantone Odenwald und Kraichgau, Donau, Kocher und Neckar-Schwarzwald, verschiedener Klöster 
und Stifter, der früheren vorderösterreichischen und ansbachischen Lande; Bestandtheile des 
Archivs der Grafschaft Mömpelgard; 
c) das in der Gemeinschaft des Staates und der Stadt Hall befindliche Archiv zu 
Hall mit den Akten des vormals reichsstädtischen Archivs zu Hall. 
II. Die württemberg. Gesandschaften. Württemberg hat zur Zeit nur noch Gesandte 
in Preußen (zugleich für Sachsen) und in Bayern (zugleich für Baden)?). 
Den Gerichts= wie den Verwaltungsbehörden ist der Regel nach jeder direkte Verkehr 
mit den Gesandtschaften, sowohl mit den auswärtigen (s. o. S. 139 zu N. 1) als mit den 
württemberg. und den Gesandten des Reiches, auch mit den deutschen Konsulaten untersagt, 
  
1) Nach Art. 1 u. 5 des angef. Ges. besteht fernerhin ein Lehensverband nur noch für die 
kronlehenbaren Erbämter; alle anderen Lehen sind theils kraft Gesetzes allodifizirt, theils nach 
Art. 5 ff. der Allodifikation auf Antrag der Lehensbesitzer unterworfen. 
2) Ihre Stellung beruht auf einem stets widerruflichen Auftrag, der ihnen als Staats- 
beamten im Departement der ausw. Angelegenheiten ertheilt wird. Ihr Gehalt zerfällt hiernach in 
den persönlichen Amtsgehalt und den besonderen Repräsentationsgehalt. Nach dem Reichsetat erhielt 
Württemberg früher alljährlich 8608 M. nachgelassen an dem das Land treffenden Antheil der 
Kosten der Reichsgesandtschaften an den Orten, wo sich Landesgesandtschaften befanden; s. Laband 
a. a. O., II S. 975. Ueber die den diplomatischen Agenten des Einzelstaats reichsrechtlich noch 
zukommenden Befugnisse s. Laband a. a. O. II, S. 2 ff.
	        
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