§ 113. Die Verwaltung der Verkehrsanstalten. 397
Die „volle Souveränetät“, welche der Preßburger Friede brachte, führte zwar 1805 sofort
zur Aupfhebung der Taxis'schen Post — unter Nichtbeachtung des § 13 des R.-Dep. Hauptschl.
Durch die deutsche Bundesakte vom 8. Juni 1815 Art. 17 wurde jedoch die Regierung vor die
Alternative gestellt, entweder die Post in dem durch den R.Dep. Rezeß bestimmten Umfange an
das Taxis'sche Haus zurückzugeben oder diesem eine angemessene Entschädigung zu gewähren.
Württemberg wählte das Erstere und so wurden auf Grund eines Vertrags vom 27. Juli 1819
alle Posten im ganzen Umfange des Königreichs und mit einem dem Besitzstande der Reichspost
vor dem Jahre 1805 weit überschreitenden Rechtsinhalte an Taxis zurückgegeben, so daß ferner-
hin der Fürst v. Taxis als Erb= und Landpostmeister das nutzbare Eigenthum und die Ver-
waltung sämmtlicher Posten im Lande und zwar durch die außer Landes gelegene Generalpost-
direktion in Frankfurt ausübte; der württembergischen Regierung aber als Inhaberin des sog.
Obereigenthums nur das Recht der Gesetzgebung, der Polizei und Gerichtsbarkeit, der Bestäti-
gung der Poststellen und der Vertretung der Postanstalt nach Außen verblieb, wobei das Mini-
sterium des Innern die Leitung und Aufsicht gegenüber der General-Direktion in Frankfurt
auszuüben hatte.
Dieser Zustand dauerte bis zum 17. Dez. 1849, unter welchem Tage unter Berufung
auf § 391) der sog. deutschen Grundrechte ein Landesgesetz erlassen wurde, nach welchem der
Postlehensverband mit dem Taxis'schen Hause auf den 31. Dez. 1849 aufgehoben werden und
die Postanstalt an den Staat übergehen sollte, vorbehältlich der Feststellung der Entschädigung
des Erblandpostmeisters im Wege des Prozesses. Dieser hatte jedoch schon zuvor Einspruch bei
der damaligen Bundescentralkommission erhoben, welche sofort am 25. Dez. 1849 gegen die
Vollziehung des Gesetzes ein Inhibitorium erließ, und gleichzeitig der württemb. Regierung
die Aufhebung des Gesetzes von Bundes wegen androhte. Die Folge war, daß die Vollziehung
desselben unterblieb. Nach weiteren Beschlüssen der Bundescentralkommission vom 21. Febr.,
8. März und 22. April 1850 kam endlich am 22. März 1851 zwischen der württemb. Regie-
rung und dem Fürsten ein Vertrag zu Stande, nach welchem die württemb. Posten mit allem
Zubehör gegen die Abfindungssumme von 1 300 000 fl. (2 228 566 Mk.) auf 1. Juli 1851 an
den Staat übergingen.
Die Verwaltung der Post wurde nun zunächst, wie die Verwaltung der Telegraphen=
anstalt und der Staatseisenbahnen, durch Königl. V.O. v. 17. Juli 1851 einer unter dem Finanz-
ministerium stehenden Centralbehörde für die Verkehrsanstalten übertragen, bis durch eine V.O.
v. 21. Okt. 1864 die oberste Leitung dieser Centralbehörde an das Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten überwiesen wurde.
Der Bau von Eisenbahnen war inzwischen durch ein Gesetz vom 18. April 1843
geregelt worden. Als Regel, an welcher auch in der Folgezeit festgehalten worden, wurde hier-
bei der Bau und Betrieb der Bahnen durch den Staat sanktionirt. Mit den Staatseisenbahnen
entwickelte sich von selbst auch die Telegraphenanstalt als ein thatsächliches Monopol
der Staatsverwaltung, wenn auch eine ausdrückliche gesetzliche Feststellung der ausschließlichen
Berechtigung des Staates landesgesetzlich nicht stattgefunden hat. — Nachdem so Posten, Eisen-
bahnen und Telegraphen seit 1864 dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten unterstellt
worden waren, wurde durch die Königl. V.O. v. 20. März 1881 die oberste Verwaltung der
Verkehrsanstalten neu organisirt.
B. Für die oberste Leitung und Beaufsichtigung der Verkehrsanstalten ist eine
besondere Abtheilung für die Verkehrsanstalten im Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten gebildet 2. An der Spitze dieser Abtheilung steht der Minister, dem
ein vortragender Rath beigegeben ist. Die Gegenstände, welche der Entscheidung des
Ministers unterliegen, sind in § 2 der angeführten Verordnung genau bestimmt, doch
kann der Minister auch andere Geschäfte, welche der Erledigung durch die nachher zu
erwähnenden Direktivbehörden unterliegen, an sich ziehen, oder aber Gegenstände, welche
nach § 2 unter den Geschäftskreis des Ministeriums fallen, in widerruflicher Weise den
Direktivbehörden zur Erledigung zuscheiden.
württemberg. Jahrb. 1874 II S. 152 ff., 1878 1 S. 218 ff.; auch die Beschreibung des Königr.
Württemberg v. statist. Landesamt 1884 B. 2 S. 852ff.
1) Ueber diese Begründung s. d. 1. Aufl. S. 213 N. 1.
2) Diese Organisation der Verkehrsanstalten beruht zwar auf Königl. V.O., ist aber aus
Anlaß der Verabschiedung des Etats von den Ständen genehmigt worden.