8114. Die Verwaltung der Posten und Telegraphen. 401
bezügliches Rechtsverhältniß nur gegenüber diesen Privatbahnen, sowie hinsichtlich der
öffentlichen Wege, welche nicht Staatsstraßen sind, endlich bei der Benützung von Privat-
eigenthum zu Telegraphenleitungen in Frage kommen 1). Bezüglich der Privatbahnen
findet das Eisenbahnpostgesetz des Reichs v. 20. Dez. 1875 (nach Art. 13 desselben) in
Württemberg keine Anwendung; dagegen sind in den Konzessionsurkunden für die Privat-
bahnen die Leistungen der Letzteren für die Post= und Telegraphenverwaltung des Staates
und die hierfür vom Staate zu leistende Entschädigung besonders geregelt 2). An den Vici-
nalstraßen dagegen steht der Staatsverwaltung kraft des Hoheitsrechts die unbeschränkte
Benützung sowohl für die fahrende Post, als für Telegraphenleitungen zu. Das Reichs-
Postgesetz v. 28. Okt. 1871 gilt, was die Post betrifft, in dieser Beziehung auch für Würt-
temberg, wie auch die reichsrechtlichen Vorschriften zum Zwecke der Sicherung des Betriebes
der Postanstalt 3) hier unmittelbare Anwendung finden. Zur Benützung des Privateigen-
thums zu Telegraphenleitungen bedarf es nöthigenfalls der Zwangsenteignung nach § 30
der V. U. ).
3. Das Rechtsverhältniß aus den Seitens des Publikums mit der Post= und Tele-
graphenverwaltung abgeschlossenen Beförderungsverträgen ist ein rein privatrechtliches.
Für Ansprüche aus solchen findet daher der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten statt,
jedoch mit der Modifikation, daß den Postanstalten nach § 25 des Reichspostgesetzes (vor-
behältlich der Rückforderung des Gezahlten auf dem Rechtswege) die Befugniß zusteht,
unbezahlt gebliebene Beträge an Personengeld, Porto und Gebühren nach den Vorschriften
des württemb. Ges. über die Zwangsvollstreckung wegen öffentlichrechtlicher Leistungen, und
zwar nach den hier über die Vollstreckung der Entscheidungen der Verwaltungsbehörden
in Art. 10— 13 gegebene Vorschriften executorisch einziehen zu lassen, eine Befugniß,
welche auf zu wenig erhobene oder unbezahlt gebliebene Gebühren für telegraphische
Depeschen — da das Reichs= Postgesetz sich auf diese nicht erstreckt — nicht ausgedehnt
werden darf.
Für die Beurtheilung des Vertragsverhältnisses selbst sind die Normen des Civil-
rechts, insbesondere des Handelsrechts maßgebend, soweit dieselben nicht durch reichsgesetz-
liche, für den Postbetrieb erlassene Normen oder durch reglementäre Vorschriften, welche
als Bestandtheil des Vertrages zwischen der Post und dem Absender bezw. Reisenden gelten
(Reichs-Postgesetz 8 50 Abs. 2), modifizirt werden 5). Eine Abweichung von den Bestim-
mungen des Reichsrechts tritt namentlich für den internen Post= und Telegraphenverkehr
Württembergs insofern ein, als die Festsetzung der reglementarischen und Tarifbestim-
mungen der Landesverwaltung überlassen ist. Soweit daher die Einhaltung der regle-
mentarischen Bestimmungen (z. B. über die Einlieferung) als Inhalt der Vertragsberedung
die Giltigkeit des Transportvertrages und die Haftpflicht der Postanstalt bedingt, sind
für den internen Verkehr in Württemberg nur die Normen der inländischen Postordnung
maßgebend.
Diese Bestimmungen ebenso wie die Tarife beruhen in Württemberg durchaus auf
Verwaltungsakten, also auf Königl. Verordnungen oder Ministerialverfügungen, nicht
auf Gesetzen. Dies gilt namentlich auch von dem Tarif für das Porto von Briefen,
Packeten, Werthsendungen und Zeitschriften und von den Gebühren für die telegraphische
1) R.G. v. 6. Apr. 1892 § 14 vgl. m. § 15.
2) Vgl. die Bekanntm. v. 20. Juli 1872 betr. die Konz. Urk. für die Bahn Mezingen-Urach § 24;
u. v. 24. Mai 1888 (Konzess. der Straßenbahn Degerloch-Hohenheim § 22), die Konz. Urk. f. Wein-
garten-Ravensburg v. 15. Nov. 1887 § 17.
3) Vgl. Laband a. a. O. II S. 80.
4) S. R.G. v. 6. Apr. 1892 § 14 u. Laband a. a. O., S. 159 N. 4.
5) Das Nähere hierüber s. bei Laband a. a. O. II, S. 83 f. 87 f.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts III. 2. Aufl. Württemberg. 26