§ 115. Die Verwaltung des Eisenbahnwesens. 403
der Posten und des Telegraphendienstes für den öffentlichen Verkehr, der Herstellung und
Unterhaltung der für Post= und Telegraphenzwecke erforderlichen Einrichtungen ob. Dieselbe
bildet hiernach die leitende Centralbehörde für Posten und Telegraphen und vereinigt in
sich alle Verwaltungsbefugnisse, soweit solche nicht ausdrücklich durch 88 2 und 3 der
Königl. V. O. vom 20. März 1881 dem Staatsminister bezw. dem Könige vorbehalten
sind. Insbesondere übt die Generaldirektion die Strafgewalt aus, welche nach dem Reichs-
postgesetze bei Post= und Portodefraudationen den Oberpostdirektionen zusteht. Klagen auf
Schadloshaltung nach Maßgabe des § 13 des Reichspostgesetzes sind gegen die General-
direktion der Posten zu richten 1). Der Eisenbahntelegraphendienst und der elektrische Signal-
dienst dagegen gehören als ein Theil des Eisenbahndienstes zur Generaldirektion der Eisen-
bahnen.
Bei der Generaldirektion sind zwei Abtheilungen gebildet, eine Betriebs-
und eine Berwaltungsabtheilung, jede unter einem besonderen Abtheilungsvorstande
nach Maßgabe der §§ 11 und 12 der angeführten Verordnung).
Zur unmittelbaren Ueberwachung des Betriebsdienstes sind der Generaldirektion
Postinspektoren und Telegrapheninspektoren beigegeben, auch ist derselben die Oberpost-
kasses) sowie die Telegraphenwerkstätte untergeordnet.
Die Vorschriften über die Prüfungen für den Post= und Telegraphendienst, ins-
besondere auch über den Vorbereitungsdienst hierzu sind enthalten in den Königl. V. OO. vom
31. Jan. 1884 und 10. März 1891 (Min. Verf. vom 24. April 1884, R. Bl. S. 45); die Vor-
schriften über die Annahme, Ausbildung und Prüfung der Anwärter für den Telegraphen=
ienst in der Min. Verf. v. 7. Nov. 1892. Die Verwendung von Frauen und Mädchen
im Dienste der Verkehrsanstalten ist durch die Verf. v. 23. Febr. 1866 näher geregelt, während
auf die Verwendung von Militäranwärtern zu nolchen Stellen sich die Bekanntmachung
v. 21. Sept. 1882, §§ 8, 19 ff. und Beil. zu Z. 2 der Bestimmungen f. W. (R. Bl. S. 235 ff.,
269) bezieht.
§ 115. III. Die Verwaltung des Eisenbahnwesens.
1. Die Anlage der Bahnen. Nach dem die Grundlage des württ. Eisenbahnrechts
bildenden Gesetze vom 18. April 1843 sollen die für den öffentlichen Verkehr bestimmten
Eisenbahnen durch den Staat erbaut und betrieben werden, wobei jedoch der Bau und
Betrieb von Zweigeisenbahnen durch Privatunternehmer nicht ausgeschlossen ist. In
der Folge wurde dann auch das ganze württ. Eisenbahnnetz, mit Ausnahme einiger
kleinen Zweigbahnen, auf Staatskosten hergestellt und betrieben.
Bei der Anlage der Bahnen durch den Staat, welche hiernach wie der Betrieb an
sich in das Gebiet der Staatsfinanzverwaltung gehören würde, sollen die Kaufschillinge
für die Bauplätze der Gebäude und für die Grundflächen zu den Bahnhöfen auf das
Grundstocksvermögen des Staates übernommen werden. Sämmtliche auf Staatskosten
gebauten Eisenbahnen sind ferner durch das Gesetz vom 28. Dezember 1851 für einen
Bestandtheil des Kammergutes erklärt, so jedoch, daß die Verzinsung und Tilgung der
zum Bau ausgenommenen Anlehen, als eine nicht speziell auf dem Kammergute haftende
Schuld, der Staatskasse im Allgemeinen obliegt.
Die Erbauung von Privateisenbahnen (s. o.) erfordert eine Konzession der Regierung; es
bedarf also eines besonderen Gesetzes nicht. Die Regierung hat jedoch bei der Konzessions-
ertheilung das Aufsichtsrecht des Staates über den Bau, den Betrieb und die Verwaltung der
Bahn genügend sicher zu stellen. Hinsichtlich der Abtretung des für die Ausführung solcher
Konzessionen erforderlichen Eigenthums kommt dann das regelmäßige Zwangsenteignungsver-
fahren (s. o. S. 184 f.) zur Anwendung. Den Privatunternehmern einer Zweigbahn kann die
1) S. d. angef. V.O. 8 8.
2) M.V. v. 30. Sept. 1890.
3) S. über die Geschäfte der Oberpostkasse und der Postunterkassen: Widenmeyer, das
Etats= u. Kassenwesen, S. 91 u. 96.
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