404 Achter Abschnitt: Die Landesverwaltung. V. Die Verwaltung der Verkehrsanstalten. § 115.
Gewährleistung der Staatskasse für einen reinen Ertrag des Unternehmens bis zu 3½ % des
Anlagekapitals auf einen bestimmten Zeitraum mit ständischer Zustimmung zugestanden werden.
Auf Ansinnen des Staates, zu welchem es wiederum ständischer Zustimmung bedarf, sind die
Unternehmer von Privatbahnen nach 25jährigem Betriebe der Bahn verpflichtet, dieselbe gegen
Erstattung der Anlagekosten an den Staat abzutreten. Zu diesem Anlagekapital kann, wenn
die Bahn ohne Zinsengarantie ausgeführt worden ist, und die Abtretung vor dem Ablaufe
eines fünfzigjährigen Betriebes erfolgt, vom Staate noch ein Zuschuß bis zu 10 % gewährt
werden ?).
Bezüglich der Verbindungsstraßen und deren Bau oder Verwaltung
durch den Staat s. o. § 93.
Was die Besteuerung der Bahnen betrifft, so wird der Eisenbahnbetrieb des
Staates zwar nicht zur Gewerbesteuer in den Gemeinden, in welchen der Betrieb statt-
findet, beigezogen, dagegen haben die betreffenden Gemeinden und Amtskörperschaften das
Recht, sowohl die bei solchen Anstalten befindlichen Gebäude als auch die dazu gehörende
Grundfläche, mag dieselbe angebaut sein oder nicht, verhältnißmäßig mit Grund= und
Gebäudesteuer zu belegen?). Dasselbe Recht, — also nicht die Befugniß, den Ertrag
zu besteuern — steht den Gemeinden und Amt skörperschaften auch gegenüber den Privat-
eisenbahnen zu. In Beziehung auf die Staatssteuer unterliegen dagegen die Privat-
eisenbahnen nicht der Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer, sondern vielmehr der Steuer
von Kapital-, Renten= und Berufseinkommen und zwar sowohl mit den zu ihrem Betriebe
dienenden Grundflächen und Gebäuden als mit dem Gewerbebetriebe selbst nach dem von
der Eisenbahnverwaltungsbehörde im Ganzen zu fatirenden und zu versteuernden Ertrag).
2. Für den Bau und Betrieb der Eisenbahnen sind zunächst die von dem Bundes-
rath auf Grund der R.V. Art. 4 Nr. 8, Art. 41 ff. erlassenen Vorschriften, insbesondere
die Betriebsordnung für die Haupteisenbahnen Deutschlands, die
Bestimmungen über die Befähigung von Eisenbahnbetriebsbeamten,
die Signalordnung für die Eisenbahnen, die Normen für den Bau und die
Ausrüstung der Haupteisenbahnen und die Bahnordnung für die Neben-ä
eisen bahnen Deutschlands, sämmtlich v. 5. Juli 1892 (R. Bl. S. 379 ff.); ferner
in Beziehung auf das „Betriebsreglement“, d. h. die Transportbedingungen (seit 1. Jan. 1893)
der Berner Vertrag über den internationalen Eisenbahnfrachtverkehr
vom 14. Oktober 1890, und für den deutschen Inlandsverkehr die Verkehrsordnung
für die Eisenbahnen Deutschlands v. 15. Nov. 18924); in Beziehung auf die Militär-
leistungen der Eisenbahnen dagegen die Friedenstransportordnung v. 11. Febr. 1888
(vgl. auch die Kais. V.O. v. 29. Juli 1889) und die Kriegstransportordnung vom
26. Jan. 1884 5), im Uebrigen aber die unter den deutschen Staats= und Privateisen-
bahnverwaltungen vereinbarten Tarifnormen maßgebend 6). Soweit hiernach noch für
eine Normirung des internen Betriebs, namentlich der Tarife Raum vorhanden,
erfolgt dieselbe in Württemberg (s. o. S. 172 Nr. 4 f.) durch einen Verwaltungsakt, also
— wenn die Wichtigkeit der Sache nicht den Erlaß einer Königl. V.O. veranlaßt?), durch
1) Weitergehende Rechte hat sich der Staat gegenüber der Ermsthalbahn in der Konzessions-
urkunde vom 20. Juli 1872 vorbehalten; vgl. auch die Konz. Urk. v. 15. Nov. 1887 für die Bahn
Ravensburg-Weingarten §§ 12 ff. u. die Konz. Urk. v. 24. Mai 1888 u. 21. Juni 1890 für die
Bahn Degerloch-Hohenheim § 12 f.
2) Ges. v. 18. Juni 1849 Art. 1, Ges. v. 23. Juli 1877 Art. 2, 3, 8.
3) Ges. v. 28. April 1873 Art. 2 II 2.
4) S. auch Laband in dfm. Hdb. a. a. O., S. 167 u. Gerstner, intern. Eisenbahnfr. R. 1893.
5) S. Laband R. St. R., II S. 785 f. 807 ff.
6) S. Laband, II S. 128ff.
7) Wie bei den Vorschriften über die Sicherheit der Bodenseeschifffahrt in der Königl.
V.O. v. 12. Dez. 1892, welche an die Stelle der Art. 2 Abs. 2—4, Art. 8, 9, 13 Abs. 2 u. 3,