§ 8. A. Die Mitglieder des Königlichen Hauses. 41
vom 8. Juni 1828. Durch letzteres ist jedenfalls das Hausgesetz von 1808 aufgehoben,
welches seinerseits schon zuvor die früheren Hausgesetze und Verträge beseitigt hatte. Durch
§ 18 der V.U. wie durch das Hausgesetz von 1828 Art. 74 ist ferner ent-
schieden, daß die Rechie der Mitglieder des Königl. Hauses durch einfaches Staatsgesetz
geregelt werden können, daß es also zu einer Veränderung des bestehenden Rechtszustandes
der Zustimmung der Agnaten nicht bedarf, daß andererseits aber auch dem Könige das
Recht nicht zusteht, als Haupt der Familie einseitig diesen Rechtszustand zu ändern ¹).
II. Mitglieder des Königl. Hauses ²) sind — nach dem angeführten Gesetze — a) die
Gemahlin des Königs; b) die Königl. Wittwen; c) alle Prinzen und Prinzessinnen, welche
von dem Stammvater des Königl. Hauses aus rechtmäßiger, ebenbürtiger, mit Bewilligung
des Königs eingegangener Ehe abstammen, die Prinzessinnen jedoch nur, so lange sie nicht
standesgemäß außerhalb des königl. Hauses vermählt sind; d) die ebenbürtigen, mit Ge-
nehmigung des Königs geehlichten Gemahlinnen der königl. Prinzen, sowie deren Wittwen.
Die Volljährigkeit der Mitglieder tritt jetzt ganz wie bei anderen Staatsbürgern ein,
nur der Kronprinz wird mit zurückgelegtem 18. Lebensjahre volljährig. Mit der erreichten
Volljährigkeit werden sie von der väterlichen Gewalt frei (s. jedoch § 16) ³).
III. Die Vorrechte der Mitglieder des königl. Hauses sind ⁴):
1. Das Recht der Thronfolge nach der verfassungsmäßigen Succession s. § 11.
2. Das Recht bestimmter Familienglieder auf die Führung der Reichs-
verwesung; f. § 12.
3. Das Recht der großjährigen Agnaten, über die Nothwendigkeit einer außer-
ordentlichen Reichsverwesung mit zu entscheiden ⁴); s. § 12.
4. Die großjährigen Agnaten haben Sitz und Stimme in der ersten Kammer;
s. 8 24.
5. Die Mitglieder des Königl. Hauses haben Anspruch auf besondere Titel und
Ehrenauszeichnungen. Der älteste Sohn des Königs heißt „Kronprinz“; alle von dem
ersten König (Friedrich) abstammenden Prinzen und Prinzessinnen führen den Titel
„Königliche Prinzen und Prinzessinnen“; diejenigen aus den Nebenlinien dagegen heißen
„Herzoge und Herzoginnen von Württemberg“. Die Gemahlin des Königs und die Königl.
Wittwen führen das Prädikat „Majestät“, die übrigen Mitglieder, auch die Herzoge und
Herzoginnen ⁶), das Prädikat „Königliche Hoheit“. Die Mitglieder des Königl. Hauses
führen ferner das Königl. Familienwappen mit gewissen Modifikationen nach ihrer Stellung
im Königl. Hause. Der Rang der Prinzen und Prinzessinnen unter sich bestimmt sich durch
das nähere Recht zur Thronfolge ⁷).
6. Im gerichtlichen Verfahren und in Sachen der nichtstreitigen Gerichts-
barkeit stehen den Mitgliedern des Königl. Hauses Vorrechte zu:
a) In Strafsachen ⁸) haben dieselben ihren Gerichtsstand vor dem Oberlandes-
1) Mohl, I S. 434f., namentlich gilt dies auch bezüglich der unter IV. angeführten ver-
mögensrechtlichen Ansprüche der Agnaten; vgl. Art. 74 des Hausgesetzes von 1828.
2) Vgl. auch Baur im württemb. Ger. Bl. B. 21 S. 325f.
3) S. württemberg. Gesetz v. 7. März 1873 Art. 1 und Mandry, Der civilr. Inhalt ꝛc.
III. Aufl. S. 1 u. 2; bezüglich der väterlichen Gewalt s. Hausges. Art. 62.
4) Ueber die aus der Stellung des Königs als Familienhaupt sich ergebenden Beschrän-
ungen f. § 16.
5) Die Rechte unter 1—3 hängen zwar mit der Thronfolge zusammen, sind aber dennoch
Vorrechte, welche an die Mitgliedschaft des königl. Hauses geknüpft sind.
6) S. die königl. V.O. v. 11. Sept. 1865.
7) Haus G. v. 1828 Art. 3—6.
8) Ueber den Begriff der hierher gehörigen „Strafsachen" s. Baur a. a. O. S. 330f.,
ebendaselbst auch über die einen Vorbehalt für die Mitglieder der reg. Häuser nicht enthaltenden
reichsrechtlichen Normen auf dem Gebiete des Verwaltungsstrafverfahrens.