Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

46 Dritter Abschn.: Die natürl. Grundlagen d. Staats. III. Sonderrechte einzelner Klassen. § 9. 
Apanagen, sondern nach den Grundsätzen der Stammgutserbfolge nach Stämmen unter den männ- 
lichen, aus ebenbürtiger Ehe abstammenden — der evangelisch-lutherischen Religion angehörigen — 
Nachkommen des Herzogs Friedrich Eugen, so daß der Antheil einer erlöschenden oder nichtbezugs- 
berechtigten Linie den übrigen zuwächst ¹). 
§ 9. B. Die Standesherren ²). 
I. Die rheinische Bundesakte vom 12. Juli 1806 (Art. 27 ff.) hatte den ehemaligen Reichs- 
fürsten und Reichsgrafen einen bevorzugten Rechtszustand zugesichert, namentlich sollten ihnen außer 
ihren Domänen alle Herrschafts- und Feudalrechte, „welche nicht wesentlich zur Souveränetät ge- 
hören“, belassen werden. Die absolute Regierung des Königs Friedrich kehrte sich aber nicht an 
diese Beschränkung, sondern führte das Unterthanenverhältniß der bisherigen Reichsstände in der 
rücksichtslosesten Weise durch, indem sie den hohen Adel im Lande in eine Kategorie stellte mit dem 
bisherigen reichsritterschaftlichen und landsässigen Adel, ja denselben in vielen Beziehungen ungleich 
mehr beschränkte als die übrigen Unterthanen. Unter Anderem wurde den Standesherren das ihnen 
in Art. 31 der Rheinbundsakte zugesicherte Recht, sich in jedem mit dem Rheinbund in Frieden 
lebenden Staat aufzuhalten, entzogen und ihnen die Verpflichtung auferlegt, bei Verlust des vierten 
Theils ihrer Einkünfte jährlich drei Monate in der Königl. Residenz zuzubringen. Ferner wurde 
durch ein Gesetz vom 22. April 1808 die Autonomie des Adels abgeschafft und unter Aufhebung aller 
bestehenden Fideikommisse, Familienverträge ꝛc. angeordnet, daß die Bestimmungen des Landrechts 
über die gemeine Intestaterbfolge mit rückwirkender Kraft die einzige Rechtsnorm für die Erb- 
folge des Adels bilden sollen ³). Dem hohen Adel blieben als Vorrechte nur die Adelstitel, einige 
Ehrenvorzüge und ein privilegirter Gerichtsstand ⁴). 
Gegen diese Gesetzgebung war speziell der Art. 14 der Bundesakte vom 8. Juni 1815 gerichtet, 
welcher zum Schutze der Mediatisirten deren Rechtszustand feststellt. Im Anschluß an die Bestim- 
mungen dieses Art. 14, deren Inhalt hier nicht weiter zu erörtern ist, versuchte die Regierung zunächst 
durch das dem k. Verf. Entwurfe von 1817 angehängte Adelsstatut die Rechtsverhältnisse der Standes- 
herrn in einem Akte neu zu ordnen. Da dies nicht gelang, verständigte sich die Regierung vorerst 
mit dem fürstlichen Hause Thurn und Taxis und mit dem gräflichen Hause Waldeck, welche sich von 
ihren Standesgenossen trennten, über eine vertragsmäßige Feststellung ihrer Rechte (Declar. vom 8. 
bezw. 25. August 1819), und erklärte dann in einer Declaration vom 22. September 1819, daß 
sämmtliche Standesherren, deren Rechtsverhältnisse noch nicht besonders geordnet seien, nach Maßgabe 
des Vertrags mit Thurn und Taxis behandelt werden sollen. In der Folge kamen dann weitere 
Verträge mit einzelnen standesherrlichen Häusern über deren Rechtsverhältnisse zu Stande, welche in 
der Form Königl. Declarationen im Wege der Verordnung publizirt wurden ⁵). 
 
haben, die Rechtskraft des Urtheils vom 12. Juli 1851 (s. o.) aber, da in demselben diese Frage nicht 
zur Verhandlung und Entscheidung stand, nach den Grundsätzen des früheren gemeinen, wie des seit 
1879 geltenden Prozeßrechts der Geltendmachung neu entstandener Einwendungen nicht entgegensteht. 
A. M. die Minorität der staatsrechtlichen Kommission a. a. O. S. 37 ff. 
1) S. auch das Geh. Raths-Gutachten v. 23. Okt. 1822, Anl. 17 a. a. O. Der auf den König 
entfallende Antheil wird nicht erhoben; vgl. jetzt auch die Verh. d. Abg. K. vom 2. Mai 1893. 
2) Vgl. Zöpfl, d. St. R. I § 92, II §§ 307—322 und Zachariae, Deutsches Staats- 
recht § 96 ff. und d ie dort angef. Litteratur. Die historischen Verhältnisse der württemberg. Standes- 
herren sind dargestellt von Wächter, Württemberg. Priv. R. B. I S. 806 f., 924 f. Vgl. auch Riecke, 
Beiträge z. St. u. Verf.Gesch. S. 38 f. 
3) Vgl. auch die K.V.O. v. 26. April 1812 und Wächter a. a. O. S. 821 ff. 
4) Die Ebenbürtigkeit mit dem Königl. Hause wurde den ehemaligen Reichsfürsten und 
Grafen nicht zugestanden, indem dieselbe nach dem Hausges. von 1808 § 17 blos zukommen sollte 
„Prinzen und Prinzessinnen aus Kaiserlichen, Königlichen, Großherzoglichen und souveränen Her- 
zoglichen Häusern“. Im Rang sollten die Nachkommen der Reichsgrafen in die Klasse der Edel- 
leute zurücktreten. 
5) Dieselben sind im Regierungsblatte veröffentlicht. Es sind folgende: A. Fürstliche 
Häuser betreffend: 1. mit Thurn und Taxis: Decl. v. 8. Aug. 1819 und 12. Juni 1823; 
2. mit Hohenlohe-Bartenstein: Decl. v. 27. Okt. 1823, 28. Febr. 1824, 1. Juni 1835; 
3. mit Hohenlohe-Jaxtberg: Decl. v. 27. Sept. 1825, 8. Apr. 1830; 4. mit Hohenlohe- 
Oehringen: Decl. v. 27. Sept. 1825 und 7. Dez. 1829; 5. mit Hohenlohe-Langenburg: 
Decl. v. 27. Sept. 1825, V.O. v. 23. Juni 1831 und v. 30. Apr. 1832; 6. mit Waldburg- 
Zeil-Trauchburg: Decl. v. 16. Febr. 1826, 28. Febr. 1826, 22. Nov. 1837, 3. Sep. 1838; 
7. mit Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst: Decl. v. 1. Nov. 1829, 30. Nov. 1829; 
8. mit Waldburg-Wolfegg-Waldsee: Decl. v. 10. Febr. 1831, 22. Febr. und 25. Juni 
1838; 9. mit Waldburg-Wurzach: Decl. v. 14. Jan. 1834 und 22. Febr. 1838; 10. mit
	        
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