Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.2. Das Staatsrecht des Königreichs Württemberg. (2)

§ 11. Das Thronfolgerecht. 53 
1. Abstammung durch „rechtmäßige Geburt“ in einer gesetzlich giltigen 
Ehe. Ausgeschlossen sind hiernach sowohl die im Ehebruch empfangenen, als die vor Ab- 
schluß der Ehe geborenen Nachkommen und deren Descendenten. Legitimation durch nach- 
folgende Ehe oder Rescript würde die Successionsfähigkeit nicht begründen, ebensowenig 
Adoption. Entscheidend ist, ungeachtet der angeführten, nicht ganz genauen Wortfassung, 
die Zeugung in der Ehe, welche nach gemeinem Civilrechte zu beurtheilen ist. Ein in 
der Ehe gezeugter Sprosse ist also successionsfähig, auch wenn zur Zeit seiner Geburt die 
Ehe nicht mehr besteht. 
2. Abstammung aus einer ebenbürtigen Ehe. Den Begriff der Ebenbürtigkeit 
bestimmt die V. U. nicht, nimmt denselben vielmehr als feststehend an. Es kann daher 
nur das Familienherkommen maßgebend sein, da auch die Bundesakte von 1815 in Art. 14 
keine Entscheidung gibt, vielmehr den Standesherren nur die Ebenbürtigkeit, wie sie die- 
selbe vor dem Jahre 1806 besaßen („in dem bisher damit verbundenen Begriff“), auch 
fernerhin garantirt ¹). Hierdurch wurde allerdings die Bestimmung des württemberg. Haus- 
gesetzes von 1808, welches nur die Ehen mit Prinzen und Prinzessinnen aus Kaiserlichen, 
Königlichen, Großherzoglichen oder souveränen Herzoglichen Häusern für ebenbürtig er- 
klärte, hinfällig, wie auch das Hausgesetz von 1828 in Art. 75 diese Bestimmung auf- 
gehoben hat. Es entscheidet hiernach das Herkommen, wie es zur Zeit der Auflösung des 
Reiches (1806) in Württemberg bestand. Nach diesem Herkommen, welches in dem Haus- 
gesetze vom 13. Dezember 1803 ²) letztmals Ausdruck fand, sollen nur Ehen „aus Kaiser- 
lichen, Königlichen, Reichsfürstlichen oder wenigstens altgräflichen reichsständischen Häusern“ 
ebenbürtig sein; die neugräflichen sind hiernach ausgeschlossen, während neufürstliche 
Häuser für ebenbürtig erklärt sind. Im Uebrigen entscheidet über die Ebenbürtigkeit das 
deutsche Privatfürstenrecht. Die Ebenbürtigkeit völkerrechtlich anerkannter Souveräne, auch 
wenn dieselben von bürgerlicher Herkunft waren (wie die Napoleoniden, die Descendenz 
Bernadotte's ꝛc.), wurde, wie auch die Fassung der Hausgesetze von 1803 und 1808 
(s. o.) ergibt, in Württemberg nie beanstandet ³); ebensowenig die Ebenbürtigkeit der Mit- 
glieder entthronter Regentenfamilien (Wasa, Bourbon ꝛc.). Ueber die Frage, ob ein Mit- 
glied einer ebenbürtigen Familie selbst aus einer ebenbürtigen Ehe abstammt, entscheidet 
das Recht dieser Familie ⁴). Der Mangel der Ebenbürtigkeit kann durch K.V.O. nicht 
beseitigt, einem aus einer solchen Ehe gezeugten Prinzen also auch nicht die Successions- 
fähigkeit verliehen werden. 
1) S. auch Zöpfl, d. St. R. (5. Aufl.) II S. 101. 
2) Reyscher, Staatsgrundges. S. 640 ff.; es wurde dabei in Z. 1 konstatirt, daß alle 
anderen Ehen als unstreitig notorische Mißheirathen im Sinne der bekannten Wahlkapitulation 
Kaiser Karl VII. von 1742 (Art. XXII, § 4) zu betrachten seien, da das Hausgesetz von 1803 mit 
dem Sinn und Geist der bisherigen Hausverträge und Testamente ganz übereinstimme. Eine Er- 
öffnung dieses Ges. an die Agnaten fand übrigens nach Reyscher a. a. O. u. Publ.Verf. S. 274 ff. 
nicht statt.  
3) Für die Ebenbürtigkeit der neufürstlichen Häuser spricht auch der „erbbrüderliche Ver- 
gleich" von 1617, in welchem versprochen wurde, „nicht außer dem fürstlichen Stande zu heirathen“. 
Demgemäß wurde denn auch die Ehe des Herzogs Paul Wilhelm (†  1860) mit einer Prinzessin 
von Thurn und Taxis (einem neufürstlichen, aber nicht altgräflichen Hause) immer als ebenbürtig 
anerkannt (s. auch Mohl, I S. 160, 164 ff.). Dagegen ist die Ansicht von Sarwey, I S. 45, 
„daß den vormals reichsständischen gräflichen Häusern" überhaupt, also auch den sog. neugräflichen 
auf Grund des Art. 14 der Bundesakte, sofern sie Standesherren seien, die Ebenbürtigkeit zukomme, 
nicht begründet; denn die Bundesakte (s. o.) hat den Standesherren keine weiteren Rechte eingeräumt, 
als diejenigen, welche sie bis zur Auflösung des Deutschen Reiches besaßen; s. auch Mohl a. a. 
O., u. E.R.G. II S. 154 N. 1. 
4) Ueber die Lehre von der Ebenbürtigkeit, insbesondere auch in Beziehung auf die früheren 
Personalisten s. die bei Mohl a. a. O. S. 164 N. 6 citirte Litteratur und Göhrum, Die Lehre 
von der Ebenbürtigkeit, Tübingen 1846, Zöpfl, d. St. R. I §§ 220—226, II § 308. H. Schulze, 
Lehrbuch I, S. 218 ff., preuß. St. R. § 57. R.G.E. B. XXXII 150. 
  
 
	        
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