§ 21. Die staatsrechtlichen Befugnisse der Ständeversammlung. 83
der Stände ¹) zu anderweitigen Zwecken (z. B. Staatsgewerbebetrieb ꝛc.) nicht verwendet ²). Ge-
bäude werden für Rechnung des Grundstockes nur erworben, sofern sie der Staatskasse einen
Ertrag gewähren oder, wie die Wohnungen des Forstpersonals, für die Verwaltung des Kammer-
gutes nothwendig oder nützlich sind oder in Folge einer auf dem Kammergute ruhenden Last
angesprochen werden können ³). Ueber die Verwendung der Grundstocksgelder für den Eisen-
bahnbau sind in den Eisenbahngesetzen vom 18. April 1843, 28. Dezember 1851, 17. Sept.
1855 und 13. Aug. 1865 besondere, in allen späteren Eisenbahnbaugesetzen wiederholte Bestimmungen
gegeben worden, wonach die Kaufschillinge für die Bauplätze der Eisenbahngebäude und für die
Grundflächen der Bahnhöfe und Stationen von der Grundstocksverwaltung bestritten werden.
b) Mit Zustimmung der Stände — wobei die einfache Mehrheit entscheidet,
und jeder Kammer die gleiche Berechtigung zusteht — kann auch eine Ver-
äußerung erheblicher Theile des Kammergutes und eine bleibende Belastung
des Grundstockes ohne spätere Wiederergänzung der veräußerten Bestandtheile
stattfinden.
c) In der Etatsvorlage an die Stände wird der Reinertrag des Kammergutes
— nach Abzug des für dasselbe zu machenden Elementaraufwandes an Besol-
dungen ꝛc. von der Roheinnahme — berechnet. Den Ständen steht jedoch das
Recht zu, sowohl die Roheinnahme als den Elementaraufwand zu prüfen und
hiernach die Ertragssumme festzustellen, wodurch dieselben mittelbar auf die Ver-
waltung selbst einwirken können.
B. Die Verwilligung der Steuern.
Soweit der Ertrag des Kammerguts nicht zureicht, muß der Staatsbedarf durch
Steuern bestritten werden. Ohne Verwilligung der Stände kann weder in Kriegs- noch
in Friedenszeiten eine direkte oder indirekte Steuer ausgeschrieben und erhoben werden.
V. U. § 109. Jedes Steueransinnen der Regierung an die Stände setzt neben dem Nach-
weise der Nothwendigkeit und Nützlichkeit der Ausgaben und der Unzulänglichkeit des Er-
trages des Kammergutes (s. Nr. 1 u. 2 A.) eine genaue Nachweisung über die Verwen-
dung der früheren Staatseinnahmen voraus. (V. U. § 110.) Die beiden ersteren Bedingungen
werden durch den Hauptfinanzetat, die letzte dagegen durch Uebergabe der Staatsrechnungen
über die vorangegangene Finanzperiode erfüllt. Der ständische Ausschuß hat zu diesem
Behufe am Ende des in die Zwischenzeit zwischen zwei ordentlichen Landtagen fallenden
Finanzjahres (also mit Ausschluß des der Steuerverwilligung zunächst vorausgehenden
Finanzjahres, bezüglich dessen die Vorlegung der Rechnungen noch nicht möglich ist und
dessen Prüfung daher der übernächsten Etatsberathung zufällt) die richtige, der Verab-
schiedung angemessene Verwendung der verwilligten Steuern im verflossenen Jahre zu
prüfen ⁴), zu welchem Zwecke ihm die Staatsrechnungen vorgelegt werden, welche unter
den fünf Rubriken: laufende Verwaltung, Grundstocksverwaltung, Restverwaltung, außer-
ordentlicher Dienst und Vermögensstand der Finanzverwaltung eine Vergleichung der
wirklichen Einnahmen und Ausgaben mit dem Etat und eine Darlegung der Mehr- oder
1) D. h. beider Kammern, denn die Vorschriften über Abgabenverwilligung (V. U. § 181)
finden auf die Veräußerung von Bestandtheilen des Grundstockes oder auf die Belastung desselben
keine Anwendung.
2) Bei den Berg- und Hüttenwerken sowie bei den Salinen sind nur solche Kosten für neue
Einrichtungen ꝛc. auf den Grundstock zu übernehmen, durch welche die Erzielung eines nach-
haltigen höheren Ertrages der Werke zu erwarten ist, wogegen der Aufwand für die laufende
Instandhaltung der Werke und Einrichtungen für vorübergehende Produktionszweige aus den Er-
trägen der Werke selbst zu bestreiten sind; — so nach einem bei den Etatsverhandlungen 1871/73
und 1873/75 zwischen Regierung und Ständen vereinbarten Normativ; s. auch Bitzer a. a. O. S. 322f.
8. Königl. Reskr. vom 23. Juni 1873 im ständischen Rechenschaftsberichte vom 20. Okt. 1873 §9.
4) V.W. § 188, wie sich diese Vorschrift jetzt bei zweijähriger Etatsperiode gestaltet.
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