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salls Fahrlässigkeit oder kein Verschulden
zur Last falle, gehört zur Thatfrage, und
ist nach den Umständen zu beurtheilen.
Die Bestimmungen des Artikel 65.
bis 70. Theil I. des Strafgesehbuches be-
züglich der Grade der Fahrlässigkeit kom-
men lediglich bei der Strafzumessung zur
Anwendung.
Act. 2.
Wenn Jemand wegen eines Verbre-
chens oder Vergehens verurtheilt worden
ist, und sich später wieder eines Verbrechens
oder Vergehens derselben oder anderer Art
schuldig macht, so ist dieser Umstand ein
Erschwerungsgrund (Art. 90. und 92. Zif-
fer 4. Theil I. des Strafgesebuches).
Art. 3.
Wenn das Bewußtseyn der Strafbar=
keit der Handlung in dem Verbrecher zur
Zeit der begangenen That zwar nicht gänz-
lich aufgehoben, aber doch durch große Geistes-
beschränkthelt, durch Altersschwäche, durch
Gemüthskrankheit, durch unverschuldete
Trunkenheit oder durch eine andere derar-
tige Verwirrung der Sinne oder des Ver-
standes in so hohem Grade getrübt war,
daß bei der Enrscheidung der Thatfrage die
Zurechnungsfähigkeit als gemindert erklä##t
wird, so sind die Gerichte ermachtige, auf
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eine geringere, als die gesehliche Strafe zu
erkennen. «
Dieselbe darf jedoch nicht unter das
im Artikel 99. bestimmte niedrigste Straf-
maß herabgesetzt werden, und ist hinsicht-
lich der Nummer V. dieses Artikels auf
das Gesetz vom 13. Mai d. Is. (Gesetz-
blatt Nr. 6. Art. VI. Absaßtz 1. und 2.)
Rücksicht zu nehmen.
Art. 4.
Wenn in dem Falle des Artikels 151.
Theil I. des Strafgesetbuches der Getöbdtete
selbst durch unerlaubte Beleidigung oder
Beschimpfung den Todtschläger zum Zorne
gereizt hat, soll die Strafe (Artikel 151.)
auf acht. bis zwölffjähriges Zuchthaus ge-
mildert werden.
Art. 5.
Wer ohne die Absiche zu tödten, je-
doch mit vorbedachtem Entschlusse einem An-
dern eine körperliche Mißhandlung zufügt,
welche dessen Tod verursache, soll, wenn der
Tod als wahrscheinlich vorausgesehen wer-
den konnte, mit acht= bis zwölffährigem
Zuchthause, außerdem aber mit vier= bis
achtjäahrigem Arbeitshause bestraft werden.
Ist aber die Mißhandlung ohne Ueber-
legung und Vorbedacht in aufwallender Hitze
des Jorns geschehen, so sollen die Strafen