Metadata: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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versetzt. Der Erzgebirger sucht seine ganze Weihnachtsfreude nicht in 
materiellen Genüssen, auch drängt sich diese nicht auf die paar Festtage 
zusammen. Der größte Zauber liegt für ihn, wie schon erwähnt, in 
der Zubereitung aller der Dinge, die nach altem Brauche am h. Abend 
nicht fehlen dürfen. Daraus erklärt sich auch der Brauch, daß Bekannte 
und Verwandte am h. Abend sich gegenseitig besuchen, um nachzusehen, 
was der andere oft mit außerordentlichem Geschick in sinniger Weise 
dargestellt und aufgebaut hat. « 
Die Angebinde sind beim Volke von denkbar bescheidenster Art; 
das Nötigste, was gebraucht wird an Kleidung oder dergleichen, wird 
auf den Weihnachtstisch gelegt und höchstens noch für die kleinen Kinder 
ein billiges Spielzeug. 
In der allgemeinen Freude vergißt man auch die nicht, die im 
Laufe des Jahres von hinnen gegangen sind und nicht mehr mit eigenen 
Augen all die Herrlichkeit bewundern können. Verbreitet ist die schöne 
und rührende Sitte, auf die Hügel verstorbener Kinder und auch von Er— 
wachsenen (Ge., H., Ne., Th.) mit Papierrosen, Glasketten, Lichtchen u. a. 
geschmückte Christbäumchen zu stellen. Nur selten noch (Grünh.) werden die 
Lichter, deren Anzahl das Alter des verstorbenen Kindes angibt (A., Gey.), 
angezündet. Unter das Bäumchen kommen des Kindes liebste Spielsachen 
zu liegen, die manche auch in den Hügel eingraben (Di., Grünh., Ge., Ch.). 
Auch der stillen Bewohner des Stalles gedenkt man. Sie 
erhalten nicht nur reichlicheres Futter als sonst, sondern auch von allem, 
was auf den Tisch kommt und der Futterraum birgt (v.). Kein Tier 
darf das ihm vorgelegte Futter auffressen, sonst wird es das ganze 
Jahr nicht satt (Or.). Leiden die Tiere am h. Abend Hunger, so 
kommt teure Zeit (Ma., Cr.). Pferde und Kühe bekommen an jedem 
der drei h. Abende Wachholderbeeren, Hering, Apfel oder Räucherkerz- 
chenasche unters Futter (Br., Nd., M.) oder Brotschnitte mit Nußkernen 
und Salz' (A., H., U., Ob., Ham., Mau., Wa.), mit Sauerkraut und 
Viehpulver (Kö.), mit Knoblauch oder Heringskopf (Mau.) oder mit 
Salz und Zwiebel (Gey.). Dazu bekommen die Pferde noch volle Hafer- 
garben aufgesteckt (Kö.). All diese Gaben schützen vor Krankheit und 
machen die Milch der Kühe süß und dick. Damit die Tiere des Segens 
der Weihnachtszeit teilhaftig werden, erhalten sie während der Christ- 
nacht im Freien gelegene Garben (Kl. 3397) oder während dieser Zeit 
auf dem Dünger gelegenes Heu (Zw. Gegend 339°). In W. steckt ein 
Bauer jedem Tier ein h. Abendlicht auf den Rechen. Betritt man am 
h. Abend den Stall, so sollen alle Tiere liegen (Mau.). 
Wie der Tiere, so gedenkt man auch der Bäume im Garten. 
Damit sie reiche Frucht tragen und gut gedeihen, begießt man sie unter 
dem Christlauten mit Milch (B., Schl.) mit darin aufgeweichter Semmel 
(Ma., M., Kö.), umbindet sie mit Strohbändern (A., W., H. 74), die 
an jedem der drei h. Abende erneuert werden (S.), und schenkt ihnen Geld, 
1) Salz spielt besonders bei Zauberkuren ein bedeutende Rolle, es schützt auch 
gegen Behexung und ist Gegenstand achtender Behandlung (W. 118).
	        
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