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Die Freilassung gegen Sicherheit hindert eine
spätere nochmalige Verhaftung nicht, wenn ver-
änderte Verhältnisse eine solche nothwendig oder
angemessen erscheinen lassen. Insbesondere bildet
sie in den in Art. 140 aufgezählten Fällen kein
Hinderniß, die Verhaftung anzuordnen. Ist je-
doch im betreffenden Falle die Verhaftung der
im Art. 135 Abs. 1 bezeichneten Personen unzu-
lässig, so kann auch eine sonstige Person nicht
verhaftet werden, wenn sie bereits früher eine
der ihr zur Last liegenden That entsprechende
Sicherheit geleistet hat.
Die in Gemäßheit der Abs. 3 und 4 stattfin-
denden Verhandlungen sind tax= und stempelfrei,
die zur Stellung der Sicherheit erforderlichen
Verhandlungen aber sind tax= und stempelpflichtig.
Art. 144.
Der Untersuchungsrichter, beziehungsweise Ein-
zelnrichter ist, wenn er eine von ihm angeord-
nete Untersuchungshaft nach der Lage der Un-
tersuchung oder den Resultaten, welche dieselbe
ergeben hat, für nicht mehr gerechtfertigt hält,
befugt, den Verhafts= oder Verwahrungsbefehl
zurückzunehmen.
Außerdem ist das Bezirksgericht befugt, die
von dem Untersuchungsrichter angeordnete Unter-
suchungshaft nach vorheriger schriftlicher oder
mündlicher Vernehmung des Staatsanwaltes
von Amtswegen dann aufzuheben, wenn es die-
selbe nach den in den vorhergehenden Artikeln
enthaltenen Bestimmungen oder den Resultaten,
welche die Untersuchung ergeben hat, nicht für
gerechtfertigt hält.
Gleiche Befugniß steht dem Verweisungssenate
des Appellationsgerichtes zu. Auch kann der-
selbe in solchen Fällen, in welchen nach Maß-
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gabe des gegenwärtigen Gesetzes Untersuchungs-
haft eintreten muß, die einstweilige Aufhebung
derselben nach schriftlicher oder mündlicher
Vernehmung des Oberstaatsanwalts dann ver
fügen, wenn der körperliche oder geistige Zu-
stand des Verhafteten dieses unabweislich noth-
wendig macht.
Der Cassationshof kann, wenn er ein Ver-
weisungserkenntniß vernichtet und zugleich selbst
die geeignete Verfügung oder Verweisung aus-
spricht, sowie dann, wenn er ein Strafurtheil
vernichtet, zugleich die Haft des Angeschuldigten
von Amtswegen aufheben, wenn er dieselbe nach
den nunmehrigen Verhältnissen oder den betref-
fenden gesetzlichen Bestimmungen nicht für ge-
rechtfertigt hält.
Art. 145.
In der Pfalz muß, wenn es sich um die Frei-
lassung eines Verhafteten handelt, der in
der Sache aufgetretenen Civilpartei Mitthei-
lung gemacht und Gelegenheit gegeben werden,
ihre Erinnerungen vorzubringen. Rechtsmittel
stehen der Civilpartei in Bezug auf die Haft-
frage nicht zu. Wird die Freilassung gegen Si-
cherheitsleistung gestattet, so ist bei Festsetzung
der Sicherheitssumme auf die Ansprüche der
aufgetretenen Civilpartei geeignete Rücksicht zu
nehmen.
Ist in einem der gesetzlich zulässigen Fälle
von Seite des Verletzten die Zuerkennung einer
Buße verlangt worden, so kommen die Bestim-
mungen des Abs. 1 gleichfalls und zwar im
ganzen Königreiche zur Anwendung.
Nrt. 146.
Die nach Maßgabe der Bestimmungen des
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