Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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Die Freilassung gegen Sicherheit hindert eine 
spätere nochmalige Verhaftung nicht, wenn ver- 
änderte Verhältnisse eine solche nothwendig oder 
angemessen erscheinen lassen. Insbesondere bildet 
sie in den in Art. 140 aufgezählten Fällen kein 
Hinderniß, die Verhaftung anzuordnen. Ist je- 
doch im betreffenden Falle die Verhaftung der 
im Art. 135 Abs. 1 bezeichneten Personen unzu- 
lässig, so kann auch eine sonstige Person nicht 
verhaftet werden, wenn sie bereits früher eine 
der ihr zur Last liegenden That entsprechende 
Sicherheit geleistet hat. 
Die in Gemäßheit der Abs. 3 und 4 stattfin- 
denden Verhandlungen sind tax= und stempelfrei, 
die zur Stellung der Sicherheit erforderlichen 
Verhandlungen aber sind tax= und stempelpflichtig. 
Art. 144. 
Der Untersuchungsrichter, beziehungsweise Ein- 
zelnrichter ist, wenn er eine von ihm angeord- 
nete Untersuchungshaft nach der Lage der Un- 
tersuchung oder den Resultaten, welche dieselbe 
ergeben hat, für nicht mehr gerechtfertigt hält, 
befugt, den Verhafts= oder Verwahrungsbefehl 
zurückzunehmen. 
Außerdem ist das Bezirksgericht befugt, die 
von dem Untersuchungsrichter angeordnete Unter- 
suchungshaft nach vorheriger schriftlicher oder 
mündlicher Vernehmung des Staatsanwaltes 
von Amtswegen dann aufzuheben, wenn es die- 
selbe nach den in den vorhergehenden Artikeln 
enthaltenen Bestimmungen oder den Resultaten, 
welche die Untersuchung ergeben hat, nicht für 
gerechtfertigt hält. 
Gleiche Befugniß steht dem Verweisungssenate 
des Appellationsgerichtes zu. Auch kann der- 
selbe in solchen Fällen, in welchen nach Maß- 
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gabe des gegenwärtigen Gesetzes Untersuchungs- 
haft eintreten muß, die einstweilige Aufhebung 
derselben nach schriftlicher oder mündlicher 
Vernehmung des Oberstaatsanwalts dann ver 
fügen, wenn der körperliche oder geistige Zu- 
stand des Verhafteten dieses unabweislich noth- 
wendig macht. 
Der Cassationshof kann, wenn er ein Ver- 
weisungserkenntniß vernichtet und zugleich selbst 
die geeignete Verfügung oder Verweisung aus- 
spricht, sowie dann, wenn er ein Strafurtheil 
vernichtet, zugleich die Haft des Angeschuldigten 
von Amtswegen aufheben, wenn er dieselbe nach 
den nunmehrigen Verhältnissen oder den betref- 
fenden gesetzlichen Bestimmungen nicht für ge- 
rechtfertigt hält. 
Art. 145. 
In der Pfalz muß, wenn es sich um die Frei- 
lassung eines Verhafteten handelt, der in 
der Sache aufgetretenen Civilpartei Mitthei- 
lung gemacht und Gelegenheit gegeben werden, 
ihre Erinnerungen vorzubringen. Rechtsmittel 
stehen der Civilpartei in Bezug auf die Haft- 
frage nicht zu. Wird die Freilassung gegen Si- 
cherheitsleistung gestattet, so ist bei Festsetzung 
der Sicherheitssumme auf die Ansprüche der 
aufgetretenen Civilpartei geeignete Rücksicht zu 
nehmen. 
Ist in einem der gesetzlich zulässigen Fälle 
von Seite des Verletzten die Zuerkennung einer 
Buße verlangt worden, so kommen die Bestim- 
mungen des Abs. 1 gleichfalls und zwar im 
ganzen Königreiche zur Anwendung. 
Nrt. 146. 
Die nach Maßgabe der Bestimmungen des 
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