330 Letzte Jahre, Krankheit und Tod (18941—1902).
Güte für die Umgebung — mit welch hohem Charakter
steht des Königs starker Geist über Seinen Leiden!
„Zum Elück darf S. M. noch zur Pürsche fahren. Abends
um 7 Uhr, wobei ich Ihn begleiten darf; herrliche Fahrten!
Ich bekomme fast nie einen Fehlschuß zu sehen. Dabei erzählt
der hohe Herr von den Schäden der „Lex Heinze“ — oder
von der zudringlichen Malerin Parlagbhi, bei welcher Er
nur immer denke „was sie nur an mir altem Manne findet!
Zuletzt lustige Schnurren, vom „Auerlicht', das Er verboten
habe weil es nur in Cylinder und Glühstrümpfen erscheine
u. s. w.“ Prell wurde viel angegriffen wegen Ankauf des
Bildes „Das Paradies“ von ANiemerschmied mit dem rot-
glühenden Baum der Erkenntnis. Es glückte ihm aber, einen
solchen wirklich zu zeigen. Weiter erzählt Prell: „Abends
bietet der Prachtsaal ein herrliches Bild — der greise schöne
Kopf unseres Herrn, der auf Spielen und Nauchen ver-
zichten muß, unter all den schönen Frauen! Die Königin
zeigt ihre bibelots und schönen Stoffe aus den Truhen, oder
schöne Werke aus der Bibliothek werden geholt. Ich lese aus
v. Weber's Chronikforschungen, die ich mitbrachte, über die
alten Hofhaltungen vor, vom Kurfürst August und Mutter
Anna, Erziehung der Edelknaben damals, allerlei Inter-
essantes darunter. Oft Interessantes über Politik— man
vergißt fast über der geistigen Potenz des Monarchen, daß Er
einer der bedeutendsten Feldherren von 1870 gewesen ist. Das
vollendete Klavierspiel des Frl. v. Abeken füllt die Ruhe-
pausen — ich treffe mich mit S. M. in der Vorliebe für
Schumann und Chopin. Der Ankauf meiner Breslauer
Cartons für das Museum in Brüssel stand in der Zeitung und
erfreute den König wie mich auch.“ Im allgemeinen ging es
dem König damals doch so schlecht, daß mein Vater Ende
Mai auf einige Tage nach Sibyllenort ging, um sich zu er-
kundigen.
Dazwischen ging es oft wieder einige Tage besser. Dabei
kamen natürlich immer wieder geschäftliche Sachen an ihn.