4 Gesetz über den Kriegszustand
geberische Maßnahmen, weil man mit der Erlassung des in
Art. 68 der Reichsverfassung und in Nr. III § 5 Ziff. VI des
Versailler Bündnisvertrages vorbehaltenen Reichsgesetzes über
den Kriegszustandes rechnete. Ein solches Reichsgesetz steht
jedoch jedenfalls in naher Zeit nicht in Aussicht. Bei dieser
Sachlage hält es die Staatsregierung für geboten, daß Bayern
die im bayerischen Rechte bestehende Lücke, wenigstens was
die dringendsten Maßnahmen betrifft, selbst ausfüllt.
Hierbei ist eine einfache Herübernahme der Vorschriften
des preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851 ausgeschlossen.
Denn dieses Gesetz ist, weil sich die Verhältnisse seit seiner
Erlassung geändert haben, in seiner Fassung in manchen
Punkten überholt. Auch ist zu besorgen, daß die Anwendung
des zunächst auf preußische Verhältnisse berechneten Gesetzes
auf Bayern nicht ganz sicher sein könnte.
Es geht aber auch nicht an, auf den Fall des Kriegs-
zustandes ohne weiteres das für innere Unruhen geltende
rechtsrheinische Ausnahmerecht (Standrecht) für anwendbar
zu erklären.
Der Entwurf wählt daher einen Mittelweg.
Nach dem preußischen Rechte treten mit der Verhängung
des Kriegszustandes gewisse Folgen von selbst ein, ins-
besondere erlangen damit gewisse Strafvorschriften (68 8, 9
des Gesetzes vom 4. Juni 1851 bezw. § 4 des Einführungs-
gesetzes zum Strafgesetbuch) Wirksamkeit. Daneben können
nach § 5 gewisse Vorschriften der Verfassungsurkunde, ins-
besondere der Art. 7, welcher die Gewährleistung des ordent-
lichen Richters und den Ausschluß aller Ausnahmegerichte
ausspricht, außer Kraft gesetzt werden. Die Suspension des
Art. 7 hat nach §10 zur Folge, daß zur Bildung von Kriegs-
gerichten geschritten wird.
Auch nach dem Entwurfe soll die Verhängung des Kriegs-
zustandes nicht ohne weiteres die Folge haben, daß die ordent-
liche Strafgerichtsbarkeit außer Wirksamkeit gesetzt wird. Viel-
mehr sollen die unmittelbaren Folgen der Erklärung des
Kriegszustands auf strafrechtlichem Gebiete liegen. Hiervon
handeln die Art. 3, 4 des Entwurfs. Bezüglich dieser straf-
rechtlichen Folgen schließt sich der Entwurf aufs engste an
das preußische Recht an, weil naturgemäß in diesem Punkte