Die verschiedenen Strafarten 81
Die Festungshaft wirkt nicht entehrend; ihre Dauer beträgt
mindestens einen Tag und höchstens (abgesehen von den Fällen lebens-
länglicher Festungshaft) 15 Jahre.
Die Haft (von einem Tag bis zu 6 Wochen, bei mehreren
gleichzeitig abgeurteilten strafbaren Handlungen bis zu hcchstens
3 Monaten) besteht in einfacher Freiheitsentziehung.
Geldstrafen betragen mindestens eine Mark. Im Falle der
Unbeibringlichkeit tritt an ihre Stelle für je 1, bzw. 3 bis 15 M. eine
Haft= oder Gefängnisstrafe von einem Tag.
Neben der Zuchthausstrafe kann stets auf die Dauer von 2 bis
10 Jahren und neben der Gefängnisstrafe kann in bestimmten Fällen
für 1—5 Jahre gegen den Verurteilten die Aberkennung der
bürgerlichen Ehrenrechte ausgesprochen werden. Damit
wird der Verurteilte nach Verbüßung der Freiheitsstrafe für die
Dauer der Aberkennung insbesondere unfähig, öffentliche Aemter,
Titel, Orden usw. zu erlangen, die politischen Rechte auszuüben und
in das Heer oder die Marine einzutreten. Ferner verliert er dauernd
alle öffentlichen Aemter, Titel, Orden und dergleichen, welche er zur
Zeit der Verurteilung besaß.
Neben einer Freiheitsstrafe kann ferner in den durch das Gesetz
vorgesehenen Fällen auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht
erkannt werden; hierdurch erhält die Landespolizeibehörde die Be-
fugnis, dem Verurteilten (behufs Verhinderung der Fortsetzung sei-
nes früheren verbrecherischen Treibens) den Aufenthalt an einzelnen
bestimmten Orten zu untersagen oder ihn, falls er Ausländer ist,
völlig auszuweisen; auch unterliegen Haussuchungen bei den unter
Polizeiaufsicht stehenden Personen nicht den sonst geltenden gesetzlichen
Beschränkungen.
Arbeitsscheue Personen, welche wegen Landstreicherei, Bettels
u. dgl. bestraft werden, können in gewissen Fällen zugleich der Lan-
despolizeibehörde überwiesen werden; hierdurch erhält
und dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze, so kommt für die
Bestrafung nur das Gesetz zur Anwendung, welches die schwerste Strafe
androht. Wer z. B. in ein fremdes Haus eindringt, indem er die Haus-
türe aufbricht oder zertrümmert, wird zwar sowohl wegen Sachbeschädigung
als wegen des zugleich verübten Hausfriedensbruchs bestraft, die Strafe
aber wird innerhalb des Strafrahmens bemessen, den das Gesetz für
das schwerere Vergehen, die Sachbeschädigung, gibt. Die meisten Straf-
gesetze drohen nämlich nicht eine im voraus festbestimmte Strafe an, sondern
sie bestimmen nur den Mindestbetrag und den Hoöchstbetrag der Strafe.
In vielen Fällen gestatten sie auch dem Richter, beim Vorliegen „mil-
dernder Umstände“, unter das gewöhnliche Mindestmaß der Strafe
herunterzugehen.
Glock-Schiedermair, Bürgerkunde. G
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