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96 Das Strafrecht
Besonders strenge Bestrafung tritt ein, wenn eine Körperverlet—
zung den Tod des Verletzten herbeigeführt hat, wobei es
nicht darauf ankommt, ob der Täter diese Folge vorhersehen konnte.
Haben sich ferner bei einer Schlägerei oder einem Angriff mehrere
beteiligt, so trifft, wenn der Tod oder eine schwere Verletzung eines
Menschen die Folge ist, jeden Beteiligten, der nicht ohne sein Ver—
schulden hineingezogen wurde, ohne Rücksicht auf den Umfang seiner
Beteiligung, schwere Strafe. Die absichtliche Beibringung von
Gift wird als Verbrechen mit Zuchthaus geahndet, selbst wenn sie
eine Gesundheitsschädigung nicht zur Folge gehabt hat.
10. Handlungen gegen die persönliche Freiheit.
Die persönliche Freiheit eines Menschen wird in strafbarer Weise
beeinträchtigt nicht nur durch eine widerrechtliche und vorsätzliche
(wenn auch nur vorübergehende) Einsperrung oder durch sonstige
völlige Freiheitsberaubung, sondern auch durch jede mit
Gewalt oder Bedrohung mit einem Verbrechen oder Vergehen herbei—
geführte Nötigung zu einer Handlung, Duldung oder Unter-
lassung. Geschieht eine solche Nötigung zum Zweck der Erlangung
eines rechtswidrigen Vermögensvorteils, so bildet sie das Vergehen
oder Verbrechen der Erpressung, und zwar auch dann, wenn die
angedrohte Handlung an sich nicht rechtswidrig wäre.7
Endlich wird die Bedrohung mit einem Verbrechen (z. B.
mit Totstechen), da sie den Bedrohten in Furcht setzen kann, bestraft,
selbst wenn der Drohende eine Verwirklichung der Drohung nicht
beabsichtigt hatte.
11. Handlungen gegen das Vermögen.
Des Diebstahlss= macht sich, wie bereits früher (Nr. 234) er—
wähnt, schuldig, wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in
4u Erpressung liegt z. B. vor, wenn ein durch eine strafbare Hand-
lung Verletzter, aber nicht in seinem Vermögen Geschädigter, dem Täter
mit gerichtlicher Anzeige für den Fall droht, daß er nicht eine bestimmte
Geldsumme bezahle.
:: Nur auf Antrag werden bestraft Diebstähle und Unterschlagungen
gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher, sowie unbedeutende Diebstähle
und Unterschlagungen, welche Lehrlinge oder Dienstboten gegen ihre Lehr-
oder Dienstherrschaft begehen, in deren häuslicher Gemeinschaft sie sich
befinden. Die Zurücknahme des Antrags ist zulässig. Völlig straflos bleiben
Diebstähle und Unterschlagungen von Eltern gegen ihre Kinder, Enkel usw.
und von Ehegatten untereinander. 6
Nicht als Diebstahl, sondern bloß als Uebertretungen werden behandelt
der sog. Mundraub, d. h. die Entwendung von Nahrungs- oder Genuß-
mitteln von unbedeutendem Werte oder in geringer Menge (als Strafe sind
bloß Geldstrafen bis 150 M. oder Haft angedroht) und der sog. Felddie b-