Full text: Bürgerkunde.

Das Vorverfahren 103 
Zuständig sind die Schöffengerichte zur Aburtei— 
lung der Uebertretungen und mehrerer nicht besonders schwerer 
Vergehen, insbesondere des Diebstahls, der Unterschlagung, des Be- 
trugs und der Sachbeschädigung, wenn der Gegenstand der Tat nicht 
mehr als 150 M. wert ist. In zahlreichen anderen Fällen kann 
ferner die Verhandlung und Entscheidung vom Landgericht dem 
Schöffengericht zugewiesen werden, wenn voraussichtlich nicht auf eine 
höhere Strafe als sechs Monate Gefängnis oder 1500 M. Geldstrafe 
zu erkennen ist. 
b. Die Strafkammern der Landgerichte bestehen 
ausschließlich aus rechtsgelehrten Richtern, und zwar sind sie in der 
Regel mit 5, bei gewissen geringfügigeren Berufungssachen mit 3 
Richtern besetzt. Sie sind zuständig für eine große Anzahl von Ver- 
gehen und Verbrechen mittlerer Schwere, sowie für alle Verbrechen 
jugendlicher (noch nicht 18 Jahre alter) Personen. 
c. Vor die Schwurgerichte, auf welche später noch näher 
einzugehen sein wird, gehören die schwersten Verbrechen. In Bayern, 
Württemberg, Baden und Oldenburg haben sie ferner auch über die 
mittels der Presse verübten strafbaren Handlungen zu erkennen, in 
Bayern abgesehen u. a. von Beleidigungen, die im Wege der Privat- 
klage verfolgt werden (s. Nr. 937). 
2. Das Vorverfahren. 
Erhält die Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige, einen Straf- 
antrag, eine Meldung der Schutzmannschaft, Gendarmerie oder Kri- 
minalpolizei# oder auf anderem Wege von einer strafbaren Hand- 
lung Kenntnis, so veranstaltet sie zunächst alle zur Aufklärung er- 
forderlichen Ermittelungen, vernimmt Zeugen (jedoch nicht eidlich) 
oder läßt sie vernehmen, erhebt eine Vorstrafenliste usw. Ist der 
Beschuldigte fluchtverdächtig und liegen dringende Verdachtsgründe 
* Eine besondere, nicht uniformierte Kriminalpolizei, d. h. eine 
den Zwecken der Strafrechtspflege dienende Polizei besteht in Bayern nur 
in den größeren Städten; im übrigen werden die kriminalpolizeilichen Ver- 
richtungen durch die Königliche Gendarmerie und die gemeindlichen Polizei- 
organe (die Schutzmannschaft) besorgt. 
Die im Deutschen Reich erfolgenden Verurteilungen werden nämlich 
jeweils der Strafregisterbehörde (das sind in Bayern im allge- 
meinen die Amtsanwälte, in München aber die Polizeidirektion) des Ge- 
burtsorts des Verurteilten mitgeteilt; bezüglich der nicht in Deutschland 
geborenen Person erfolgt die Mitteilung an das Reichsjustizamt. Die 
Behörden, an die die Mitteilungen erfolgen, führen dann für jede Person 
Listen, in die alle späteren Verurteilungen eingetragen werden, das sog. 
Strafregister. Es kann dann durch Anfrage bei der Strafregisterbehörde 
jederzeit festgestellt werden, ob und wie jemand vorbestraft ist. 
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