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116 Das bürgerliche Recht
Die rechtskräftigen Urteile läßt der Gerichtsherr vollstrecken, so—
bald der hierfür zuständige militärische Befehlshaber (eventuell der
Kaiser) die Bestätigungsorder erteilt hat. Eine Aufhebung
oder Aenderung des Urteils darf hierbei nicht stattfinden, wohl aber
kann bei Erteilung der Bestätigungsorder hinsichtlich der Strafvoll=
streckung eine Milderung angeordnet werden.
Im Kriege und an Bord von Schiffen der Auslandflotte greift
ein wesentlich vereinfachtes Militärstrafverfahren Platz.
4. Kapitel.
Das bürgerliche Recht.
Einleitung.
Unter dem bürgerlichen Recht oder dem Privatrecht
versteht man, wie bereits früher (Nr. 34) gezeigt, den Inbegriff der
Rechtssätze, die Bestimmungen treffen darüber, welche Rechte den Pri-
vaten untereinander, sowie an beweglichen und unbeweglichen Gütern
zustehen können, und wie diese Rechte begründet, verändert, verloren
und vererbt werden.
Wie die Geltung verschiedener bürgerlicher Rechte innerhalb des-
selben Volkes auf allen Gebieten des Lebens trennend wirkt und
eine gemeinsame wirtschaftliche und sonstige Entwicklung hemmt :,
so bildet andererseits ein einheitliches bürgerliches Recht ein starkes
Band für die Vereinigung der verschiedenen Stämme eines Volkes.
So ist denn auch unser einheitliches bürgerliches Recht ein für unsere
1 Wenn z. B. Personen aus zwei Gebieten, in denen verschiedene Privat-
rechte gelten, zueinander in geschäftliche Beziehungen treten, aus welchen
Streitigkeiten entstehen, so wird zunächst häufig zweifelhaft und streitig
sein, nach welchem der beiden Rechte zu entscheiden ist; noch mißlicher aber
ist, daß das schließlich maßgebende Recht mindestens der einen Partei in
solchen Fällen zumeist nicht bekannt war, so daß sie sich bei ihren Rechts-
geschäften nicht darnach richten konnte. Darunter aber muß selbstverständ-
lich die Sicherheit des Rechtsverkehrs in empfindlichster Weise leiden.
Der Wert unseres jetzigen einheitlichen bürgerlichen Rechts tritt klar
vor Augen, wenn seres sich die Zerrissenheit des Rechts vergegenwärtigt,
welche früher in Deutschland herrschte. Wohl galt das Preußische Allge-
meine Landrecht in weitem Umfange; das römische Recht ferner, auf dessen
Lehren auch unser jetziges bürgerliches Recht überwiegend aufgebaut ist,
hatte für ungefähr ein Drittel aller Deutschen Geltung; insbesondere galt
es in einer Umarbeitung, dem durch den Freiherrn von Kreittmayr bearbei-
teten Codes Maximilianeus Bavaricus civilis vom Jahre 1756 (auch