Full text: Bürgerkunde.

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148 Das bürgerliche Recht 
ten. Hierher gehört insbesondere das Wohnungsrecht, d. h. 
das Recht, ein Gebäude oder einen Teil eines solchen als Wohnung zu 
benützen. Solche Wohnungsrechte werden besonders bei bäuerlichen 
Gutsübergaben von den Eltern für sich oder andere Familienglieder 
vorbehalten; sie gewähren ein dingliches, auch gegenüber späteren 
Erwerbern des Hauses gültiges Recht an der Wohnung, während dem 
Mieter, wie wir bereits oben (Nr. 398) sahen, nur ein persönliches 
Recht gegenüber dem Vermieter auf Einräumung der Mietwoh- 
nung zusteht. 
Ist der Eigentümer eines Grundstücks, des sog. dienenden Grund- 
stücks, nicht nur in der Ausübung seines Eigentums beschränkt, son- 
dern verpflichtet, eine Leistung vorzunehmen, so liegt keine Dienstbar- 
keit, sondern eine Reallast vor. Eine Reallast ist z. B. gegeben, 
wenn der Eigentümer des dienenden Grundstücks einem anderen jähr- 
lich eine gewisse Menge Getreide zu liefern hat. Die Dienstbarkeit 
fordert ein bloßes Dulden, die Reallast ein Tun. Zu den Reallasten 
gehören insbesondere die sogenannten Zehnten, die seit alter Zeit 
vielfach auf den Grundstücken ruhen. Seit dem vorigen Jahrhundert 
begann man allmählich, sie abzulösen. Neue Reallasten können nur 
mehr in beschränktem Umfang begründet werden, nämlich nur solche, 
die in regelmäßig wiederkehrenden Leistungen eines festen Geld- 
betrags oder einer festbestimmten Menge von Bodenerzeugnissen be- 
stehen, — der Zehnten wechselt nach der Höhe des Erträgnisses — 
oder solche, die zu einer Leibrente, insbesondere zu einem Leibgeding 
gehören. Unter Leibrente versteht man einen Vertrag, wodurch 
einer einem anderen eine regelmäßig wiederkehrende Leistung auf 
längere Zeit, in der Regel bis zum Tode, gewährt. Wird ein solcher 
Vertrag mit der Ueberlassung eines Grundstücks verbunden, so spricht 
man von Leibgeding (Austrag, Auszug, Altenteil, Leibzucht). 
Derartige Leibgedinge finden sich namentlich in bäuerlichen Ver- 
hältnissen, nämlich dann, wenn die Eltern, die nicht mehr imstande 
sind, selber das Anwesen zu verwalten, es ihren Kindern übergeben. 
Wird das Leibgeding als Reallast bestellt, so haftet es auf dem Gut 
und bleibt demnach auch bestehen, selbst wenn der Grundbesitz in an- 
dere Hände übergeht. 
Ein beschränktes dingliches Recht an fremder Sache ist ferner der 
Nießbrauch, d. h. das dingliche (auch bei Fahrnissen vorkom- 
mende) Recht, die Nutzungen einer Sache (z. B. eines Ackers oder 
eines Hauses) zu ziehen. 
Als dingliches Recht kann endlich auch das bei Nr. 396 erwähnte 
Vorkaufsrecht bestellt werden. Durch Eintragung in das 
Grundbuch erhält der Vorkaufsberechtigte die unbedingte Sicherheit,
	        
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