Vom Familienrecht 153
werden, da die sittliche Natur der Ehe einem zwangsweisen Abschlusse
widerstreitet. Dagegen ist derjenige Teil, welcher ohne Grund von
einem Verlöbnisse zurücktritt oder durch sein Verschulden dem anderen
Teile Veranlassung zum Rücktritt gibt, verpflichtet, den Schaden zu
ersetzen, welchen der andere Verlobte oder dessen Eltern infolge des
Rücktritts (z. B. wegen der bereits erfolgten Anschaffung einer Aus-
stattung oder durch Kündigung eines Dienstverhältnisses) erleiden.
2. Die Erfordernisse der Eheschließung.
Ein Mann darf eine Ehe nicht eingehen, bevor er volljährig (5. h.
21 Jahre alt) oder für volljährig erklärt (s. Nr. 344) ist;
weibliche Personen dagegen sind bereits mit Vollendung des
16. Lebensjahres heiratsfähig. Doch bedürfen beide bis zur Voll-
endung des 21. Jahres der Einwilligung des Vaters oder, falls dieser
gestorben oder abwesend ist, der Einwilligung der Mutter. Falls
beide Eltern gestorben sind, bedürfen minderjährige weibliche Per-
sonen der Einwilligung des Vormundes.
Niemand darf, da die Doppelehe (Bigamie) ein schweres
Verbrechen ist, eine neue Ehe eingehen, bevor die alte durch Tod oder
durch rechtskräftigen Richterspruch gelöst ist. Verboten ist ferner nicht
nur die Ehe zwischen Blutsverwandten und Adop-
tivverwandten in gerader Linie (s. Nr. 467) und zwischen Geschwi-
stern, sondern auch zwischen Personen, die in gerader Linie einander
verschwägert sind (s. Nr. 470), also z. B. die Ehe mit der
Schwiegertochter oder mit der Stieftochter. Gestattet dagegen ist die
Ehe zwischen zwei in der Seitenlinie verschwägerten Personen (z. B.
zwischen einem Manne und der Schwester seiner verstorbenen Frau),
ferner die Ehe mit dem Kinde eines Bruders oder einer Schwester,
sowie die Ehe zwischen Geschwisternkindern.
Wer wegen Ehebruchs geschieden ist, darf seinen Mitschul-
digen nicht heiraten. Eine Frau darf ferner in der Regel nicht vor
Ablauf von 10 Monaten seit Auflösung ihrer früheren Ehe
wieder heiraten. Doch kann auf Antrag Befreiung von diesen Vor-
schriften bewilligt werden. Die Befreiung von dem Verbot der Ehe-
schließung bei dem Ehehindernis des Ehebruchs erfordert in Bayern
eine Entschließung des Königs; die Befreiung von der Vorschrift,
daß eine Frau erst 10 Monate nach Auflösung der früheren Ehe
wieder heiraten darf, wird vom Justizministerium erteilt. Die
Gesuche sind beim Amtsgerichte, und zwar in der Regel beim Amts-
gericht des Wohnsitzes des Gesuchstellers einzureichen. Eltern
dürfen sich nicht wieder verheiraten, bevor sie ein Verzeichnis des Ver-
mögens ihrer minderjährigen Kinder dem Amtsgericht eingereicht
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