Full text: Bürgerkunde.

Vom Familienrecht 161 
2. Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. 
Dieses Verhältnis, obgleich vorwiegend von den Gesetzen der 
Moral beherrscht, ist doch in seinen wichtigsten Beziehungen auch vom 
Recht geregelt. So erkennt auch das Recht die in den Geboten der 
Sittlichkeit begründete Verpflichtung der Eltern und Kinder an, ein- 
ander im Falle der Bedürftigkeit den Unterhalt zu gewähren; ebenso 
die Verpflichtung der Eltern, den Töchtern bei ihrer Verheiratung 
eine angemessene Aussteuer mitzugeben. 
Die Kinder stehen, so lange sie minderjährig sind, unter der 
elterlichen Gewalt des Vaters, d. h. dem Vater steht 
die Sorge für die Person und das Vermögen der Kinder zu, und er 
hat namens ihrer auch in persönlichen und Vermögensangelegen- 
heiten als ihr vom Gesetze berufener Vertreter (als gesetzlicher 
Vertreter) zu handeln; doch darf er gewisse besonders wichtige 
Rechtsgeschäfte (z. B. den Verkauf oder die Belastung von Grund- 
stücken der Kinder oder die Ausschlagung von Erbschaften, welche 
ihnen angefallen sind) nur mit Genehmigung des Vormundschafts- 
gerichts (d. h. des Amtsgerichts) vornehmen. Dieses Gericht ist auch 
befugt, einem Vater, der seine Elternpflichten vernachlässigt oder 
nicht imstande ist, die Kinder vor sittlichem Verderben zu bewahren, 
die Sorge für die Person oder das Vermögen der Kinder zu ent- 
ziehen und nötigenfalls anzuordnen, daß die letzteren in Zwangs- 
erziehung (d. h. zwangsweise in einer anderen Familie oder in einer 
Anstalt) untergebracht werden (s. Nr. 821). 
Während der Minderjährigkeit der Kinder steht dem Vater an 
dem ihnen gehörigen (etwa ihnen beim Tode der Mutter oder 
anderer Verwandten zugefallenen) Vermögen die Nutznießung 
zu, d. h. die Einkünfte des Vermögens gehören ihm, da er auch die 
Kosten der Erziehung zu bestreiten hat. Den Grundstock des Ver- 
mögens selbst darf er jedoch nicht verbrauchen. Deshalb muß auch der 
Vater beim Tode der Mutter und ebenso, wenn er sich wieder verhei- 
raten will, zur Sicherung des Vermögens der Kinder ein vollständiges 
Verzeichnis der diesen gehörigen Vermögensstücke anfertigen und dem 
Amtsgerichte einreichen. 
Ist der Vater gestorben oder verhindert, für seine Kinder zu sor- 
gen, so steht die elterliche Gewalt in gleichem Umfange der 
Mutter zu. Hierzu kann ihr jedoch vom Amtsgericht ein Bei- 
stand bestellt werden, wenn der Vater dies vor seinem Tode letzt- 
willig angeordnet hat, oder wenn die Mutter es wünscht, oder wenn 
es aus besonderen Gründen, z. B. wegen des Umfanges der Vermö- 
gensverwaltung, geboten erscheint. Geht die Mutter eine neue Ehe 
ein, so verliert sie die elterliche Gewalt; ihren Kindern wird als- 
Glock-Schiedermair, Bürgerkunde. 11 
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