Full text: Bürgerkunde.

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172 Das bürgerliche Recht 
nisse usw. anordnet. Solche Erbverträges müssen, um gültig 
zu sein, gerichtlich oder notariell und unter Beobachtung der für 
ordentliche öffentliche Testamente vorgeschriebenen Formen abgeschlos- 
sen werden. Sie können nicht, wie sonstige letztwillige Verfügungen, 
einseitig, d. h. ohne Zustimmung des anderen Vertragsteils, wider- 
rufen werden. 
E h egatten sind befugt, in einer und derselben Urkunde ein 
gemeinschaftliches Testament zu errichten. Solche Testa— 
mente können in der Regel von einem Teil einseitig nur widerrufen 
werden durch eine dem anderen Ehegatten gegenüber in öffentlicher 
Urkunde abzugebende Erklärung; nach dem Tode des anderen Ehe— 
gatten ist regelmäßig der Widerruf ausgeschlossen. Insofern weisen 
sie also eine gewisse Aehnlichkeit mit den Erbverträgen auf. 
Zulässig ist endlich auch ein Erbverzichtsvertrag, d. h. 
ein zwischen dem Erblasser und einem zukünftigen Erben ge- 
schlossener Vertrag, durch welchen der Erbe auf sein Erbrecht, und 
damit auch auf sein Pflichtteilsrecht (s. Nr. 507), verzichtet. 
III. Pflichtteil und Erbunwürdigkeit. 
Der Grundsatz, daß jeder Erblasser durch letztwillige Verfügun- 
gen oder durch Erbverträge die Ansprüche der gesetzlichen Erben auf 
den Nachlaß nach Belieben ausschließen oder beschränken kann, erleidet 
eine Ausnahme zugunsten der nächsten Angehörigen des Erblassers, 
nämlich zugunsten seiner Abkömmlinge, seiner Eltern und 
seines Ehegatten. Diese Angehörigen können nämlich verlangen, 
daß sie aus der Erbschaft wenigstens den sog. Pflichtteil erhalten. 
Dieser Pflichtteil beläuft sich auf die Hälfteihresgesetzlichen 
Erbteils, d. h. er besteht in der Hälfte des Betrages, den die 
Pflichtteilsberechtigten als gesetzliche Erben bekommen hätten, wenn 
der Erblasser nicht anderweit über seinen Nachlaß verfügt hätte.½ 
* Erbverträge werden besonders häufig zwischen Ehegatten 
oder Verlobten in derselben Urkunde mit einem Ehebertrage (s. Nr. 461) 
abgeschlossen, wobei sich beide Teile für den Todesfall Zuwendungen ver- 
sprechen. Vielfach werden auch Erbverträge mit Verpflegungsverträgen 
verbunden in der Weise, daß der eine Teil den andern in lebenslängliche 
Verpflegung übernimmt, wogegen der letztere zugunsten des ersteren von 
Todes wegen verfügt. 
16 Hinterläßt z. B. ein Erblasser seine Witwe und 2 Kinder, so be- 
trägt der Pflichtteil der Witwe ein Achtel des Nachlasses, der Pflichtteil 
jedes Kindes dagegen drei Sechzehntel des Nachlasses; denn bei der gesetz- 
lichen Erbfolge hätte die Witwe ein Viertel und jedes der Kinder die 
Hälfte der übrigen drei Viertel, also jedes drei Achtel des Nachlasses er— 
halten.
	        
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