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202 Das Zivilprozeßverfahren
Vermeidung von Geld= oder Haftstrafen verpflichtet. Das Zeug-
nis darf jedoch verweigern, wer mit einer der Parteien
verlobt oder verheiratet oder nahe verwandt oder verschwägert ist;
ferner Geistliche, Aerzte, Rechtsanwälte usw., soweit sie durch ihren
Beruf zur Geheimhaltung von Tatsachen verpflichtet sind, die ihnen
in demselben anvertraut wurden. Auch kann jedermann das Zeugnis
verweigern über Fragen, deren Beantwortung ihm oder seinen An-
gehörigen einen unmittelbaren Vermögensschaden verursachen oder
zur Unehre gereichen oder eine strafgerichtliche Verfolgung zuziehen
würde, oder deren Beantwortung nur unter Preisgebung eines Kunst-
oder Gewerbegeheimnisses möglich wäre.
Die Zeugen werden, sofern sie 16 Jahre alt und bei ge-
sundem Verstande, auch nicht infolge einer früheren Verurteilung
wegen Meineides eidesunfähig sind, eidlich vernommen, d. h.
sie schwören „bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, daß sie die
reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen
werden“. Einer Verletzung seiner Eidespflicht macht sich also nicht
nur der Zeuge schuldig, welcher auf seinen Eid eine unwahre Tatsache
behauptet, sondern auch derjenige, welcher irgend eine für die Sache
erhebliche Tatsache verschweigt (s. Nr. 260).
Unbeeidigt werden in der Regel die Zeugen vernom-
men, welche zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt wären, von
diesem Verweigerungsrecht aber keinen Gebrauch machen, oder welche
am Ausgange des Rechtsstreits unmittelbar beteiligt sind.
Für ihre Zeitversäumnis und die aufgewendeten Reisekosten er-
halten die Zeugen sowie die Sachverständigen Ersatz nach Maßgabe
der Reichsgebührenordnung für Zeugen und Sach-
verständige.
2. Die Sachverständigen
werden gleichfalls eidlich vernommen, und zwar lautet ihr Eid dahin,
daß sie ihr Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Ge-
wissen erstatten werden. Sie dienen dazu, dem Richter die zur Be-
urteilung einzelner Fragen notwendige Sachkunde zu geben, indem sie
z. B. sich darüber aussprechen, ob der Tod eines Menschen auf eine bei
einem Unfall erlittene Verletzung zurückzuführen sei, oder ob eine ge-
lieferte Maschine den zu stellenden technischen Anforderungen ent-
spreche usw.
3. Die Urkunden.
Die Urkunden, von denen bereits im Strafrechte die Rede war
(s. Nr. 282), sind entweder öffentliche, d. h. solche, die von einer
öffentlichen Behörde oder Amtsperson innerhalb ihrer Amtsbefugnisse
in der vorgeschriebenen Form ausgestellt sind, oder private Ur-