Vom Staat überhaupt 3
bemittelten Klassen seine besondere Fürsorge zu. Die Landwirtschaft
und die Viehzucht, die Forstwirtschaft und der Bergbau finden glei—
chermaßen Schutz und Unterstützung durch den Staat. Er sorgt ferner
für Prägung von Geldmünzen, für Errichtung von Sparkassen und
Banken, für genaue Regelung des Maß- und Gewichtswesens und er—
möglicht und fördert so einen lebhaften und ungestörten Austausch
der Güter. Ein über das ganze Land verbreitetes, sorgfältig aus—
gebautes Netz von wohlunterhaltenen Straßen, von Eisenbahnen,
Posten und Telegraphen dient dem örtlichen Verkehr der Menschen
und Waren sowie dem Austausch von Mitteilungen. Er überbrückt
die Flüsse, sorgt für ihre Schiffbarmachung und Eindämmung
gegen Ueberschwemmungsgefahr und schafft künstliche Wasserstraßen,
die Kanäle. Die Kolonien, die der Staat gründet, bieten Absatz-
felder für einheimische Erzeugnisse und neue, unter dem Schutze des
Mutterlandes stehende Wohnsitze für Auswanderer. In fremden
Ländern schützt der Staat seine Angehörigen und deren Interessen
durch seine Vertreter sowie durch Verträge, welche er mit auswär-
tigen Regierungen abschließt. Wie endlich das Landheer die Grenzen
verteidigt, so schirmt eine starke Flotte den Handel der Bürger auf
dem Weltmeere und leiht ihnen auch in fernen Erdteilen den Schutz
des Vaterlandes. -
Doch genug der Beschreibung der einzelnen Vorteile und Wohl-
taten, welche wir dem Staate verdanken! Sie würde doch nie uns
sagen können, was unser Vaterland uns bedeutet, dieser teure Boden,
der uns zuerst bei unserer Geburt begrüßte, auf dem wir unsere
Jugendtage verlebten, und aus dem wir alle unsere Kraft geschöpft
haben. Weit mehr noch, als wir ahnen, verdanken wir, was wir
sind und haben, ja unser ganzes Denken und Fühlen, unserem Vater-
lande, und jeder einzelne von uns und sein Wohl und Wehe erscheint
unbedeutend und geringfügig gegenüber dem Wohl und Wehe des
Ganzen.
Wenn man von den Vorteilen und Rechten spricht, welche der
Staat seinen Bürgern gewährt, darf man auch der Pflichten nicht
vergessen, die er ihnen auferlegt und auferlegen muß; denn ohne
Pflichten sind auch keine Rechte denkbar; sie sind beide untrennbar
verbunden wie die Vorder= und die Rückseite einer und derselben
Münze. In erster Reihe obliegt uns die Achtung vor den Gesetzen:
sie stellen den Willen des Volkes dar und erfordern deshalb Befolgung
und Achtung auch dann, wenn wir sie im einzelnen Falle nicht für
richtig halten oder nicht verstehen. Sodann verlangt der Staat unsere
freudige und unbeschränkte Hingabe an das öffentliche Wohl, und
zwar nicht nur im Kriege, in dem wir gerne unser Leben für das
Vaterland einsetzen. Auch im Frieden sollen wir stets des Grund-
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