Das Gesundheitswesen 291
Vormerkungen, die insbesondere den Namen des Empfängers ent—
halten, das sogenannte Giftbuch, zu führen. Gift darf nur an
solche Personen abgegeben werden, welche als zuverlässig bekannt
sind und das Gift zu einem erlaubten Zweck benutzen wollen. Sofern
der Abgebende von dem Vorhandensein dieser Voraussetzungen keine
sichere Kenntnis hat, darf er Gift nur gegen einen von der Orts—
polizeibehörde ausgestellten Erlaubnisschein abgeben. Wer
den Handel mit Giften betreiben will, hat der Ortspolizeibehörde
Anzeige zu erstatten. Zum Handel mit gewissen Giften ist sogar
polizeiliche Genehmigung notwendig.
Phosphorzündhölzer dürfen (wegen der mit der Fabri-
kation für die Arbeiter verknüpften Gesundheitsgefahr) im ganzen
Reichsgebiet nicht mehr angefertigt und seit 1. Januar 1908 auch
nicht mehr in Verkehr gebracht werden.
III. Schutz gegen ansteckende Krankheiten.
In früheren Zeiten haben sich die Staaten zu Zeiten schwerer
Krankheitsepidemien gegen ihre Einschleppung (insbesondere
der Cholera und Pest) durch völlige Absperrung zu schützen gesucht.
Das ist heutzutage nicht mehr möglich. Anstatt dessen haben die
europäischen Staaten zum Schutz gegen die Einschleppung der
Cholera aus dem Auslande eine internationale Ueberein-
kunft getroffen, nach welcher die Regierungen verpflichtet sind, sich ge-
genseitig Mitteilung von entstehenden Choleraherden zu machen. Bei
drohender Einschleppungsgefahr kann die Einfuhr gewisser Gegen-
stände, welche als Ansteckungsträger gefährlich sind, verboten, die
Desinfektion des Reisegepäcks und der Waren an der Grenze, sowie
die Ueberwachung ankommender Reisenden angeordnet werden. Eine
sog. QOuarantäne, zufolge deren die Reisenden eine gewisse Zeit
lang zur Beobachtung abgesperrt gehalten werden, ist nur im
Schiffsverkehr zulässig. Gegen die Ausbreitung der Pest
sind ähnliche internationale Abkommen getroffen worden.
Mit der Bekämpfung der Verbreitung gemeinge-
fährlicher Krankheiten im Inlande befaßt sich ein
ausführliches Reichsgesetz. Es schreibt vor, daß jeder Fall von Aussatz,
Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest oder Blattern (Pocken) der Po-
lizeibehörde, d. i. in Bayern die Ortspolizeibehörde, angezeigt wer-
den muß. Diese hat in Bayern die Anzeige an die Distriktspolizei-
behörde zu leiten und letztere läßt die Krankheit durch den beamteten
Arzt (Bezirksarzt) ermitteln und ordnet sodann die nötigen Schutz-
maßregeln (insbesondere ärztliche Beobachtung, Absperrung und Des-
infektion) an.
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