Das Armenwesen 295
Elsaß-Lothringen erst ab 1. April 1910) gilt das auf wesentlich ande-
ren Grundlagen aufgebaute Gesetz über den Unterstützungs-
wohnsitz.
2. Die öffentliche Armenpflege obliegt in Bayern hauptsächlich
den politischen Gemeindens neben ihnen werden auch die
Distrikts= und die Kreisgemeinden herangezogen. Die
Armenunterstützung beschränkt sich darauf, das zur Erhal-
tung des Lebens oder der Gesundheit Unentbehrliche zu gewähren.
Die Unterstützten haben sich zu einer ihren Kräften angemessenen
Arbeit verwenden zu lassen.
3. Die Unterstützungspflicht ist entweder eine endgültige
oder eine vorläufige. Grundsätzlich obliegt die endgül-
tige Unterstützungspflicht bei Personen, die in Bayern
heimatberechtigt sind, der Heimatgemeinde. Hiervon bestehen haupt-
sächlich zwei Ausnahmen, nämlich Dienstboten, Gewerbegehilfen,
Lehrlinge, Fabrik= oder Lohnarbeiter, die außerhalb ihrer Heimatge-
meinde in Dienst oder Arbeit stehen, sind bei Erkrankungen neunzig
Tage lang von der Gemeinde, in der sie in Dienst oder Arbeit stehen,
zu unterstützen. Außerdem ist an Personen, die sich in einer Ge-
meinde unmittelbar vor Eintritt der Unterstützungsbedürftigkeit
mindestens sechs Monate lang freiwillig und ununterbrochen aufge-
halten haben, auf vier Wochen Krankenhilfe und Unterstützung zur
Bestreitung des Lebensunterhalts zu gewähren. Diese zwei Arten
von Personen können also nicht an die Heimatgemeinde verwiesen
werden.
Die vorläufige Unterstützungspflicht besteht darin,
daß an Personen, deren Heimat unbekannt oder bestritten ist, oder
deren Unterstützung von der hierzu verpflichteten Gemeinde nicht ge-
leistet wird, so lange von der Aufenthaltsgemeinde Unterstützung zu
gewähren ist, bis die Heimatgemeinde herangezogen werden kann,
ferner darin, daß auch anderen in der Gemeinde nicht heimatberech-
Von Personen der bezeichneten Art können die Gemeinden einen
regelmäßigen Krankenkassebeitrag bon wöchentlich höchstens fünfzehn Pfennig
erheben. Dieser Beitrag kann auch vom Heimatberechtigten erhoben werden.
Personen, die darnach beitragspflichtig sind, erhalten, wenn sie erkranken,
ein Recht auf Gewährung von Krankenpflege, ärztlicher Hilfe und von
Heilmitteln auf neunzig Tage. Für sie sind die Leistungen dann nicht eine
Armenunterstützung, sondern nur die Gegenleistungen für die gezahlten
Beiträge. Diese Bestimmungen gelten aber nur für Personen, die nicht der
reichsgesetlichen Krankenversicherung unterliegen. Vgl. wegen der letzteren
r. .
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