Full text: Bürgerkunde.

Das Armenwesen 297 
7. Die Distriktsarmenpflege umfaßt hauptsächlich die 910 
Unterstützung der mit Armenlasten überbürdeten Gemeinden des 
Distrikts, die Einrichtung von Distriktsarmenhäusern, Beschäftigungs- 
anstalten, Armenkolonien, Distriktsanstalten zur Erziehung armer 
verwahrloster Kinder und die Ansammlung eines besonderen Distrikts- 
armenfonds. Als mit Armenlasten überbürdet gelten Gemeinden, 
wenn die Umlagen, die die Armenzwecke erfordern, eine solche Höhe 
erreichen, daß hiedurch der Nahrungsstand eines erheblichen Teiles 
der Umlagepflichtigen gefährdet ist. Der Aufwand, der den Distrikten 
durch die Unterstützung der mit Armenlasten überbürdeten Gemeinden 
erwächst, ist diesen zum Teil wieder von den Kreisgemeinden zu er- 
statten. Die Armenangelegenheiten der Distrikte werden von deren 
ordentlichen Organen, dem Distriktsrat und dem Distriktsausschuß 
besorgt, doch werden diese hiebei durch Bezirksärzte und Pfarrer 
verstärkt. 
8. Der Kreisarmenpflege obliegt namentlich die Unter= 911 
haltung und Begründung von Wohltätigkeits= und Beschäftigungs- 
anstalten, Armenkolonien, Irrenhäusern und die Unterstützung der 
mit Armenlasten überbürdeten Distriktsgemeinden und unmittelbaren 
Städte. Die Kreisarmenpflege wird von den ordentlichen Organen 
ver Kreisgemeinden, dem Landrate und dem Landratsausschuß, be- 
orgt. 
9. Personen, die, obwohl sie im Besitze genügender Mittel sind, 912 
öffentliche Armenunterstützung erlangt haben, oder zwar zur Zeit 
der Unterstützung hilfsbedürftig waren, aber binnen zehn Jahren 
nach Empfang der Unterstützung ein Vermögen erworben haben, das 
ihnen die Ersatzleistung ermöglicht, sind hiezu verpflichtet. 
Desgleichen sind Personen, die gegenüber einem Hilfsbedürftigen 
unterhaltspflichtig sind, gebunden, wenn sie ihre Unterhaltspflicht 
nicht erfüllten, Ersatz für die von der Gemeinde gemachten Aufwen- 
dungen zu leisten. Die öffentlichen Armenpflegen können aus dem 
Nachlaß der von ihnen im Laufe der zehn letzten Jahre vor dem Tode 
unterstützten Personen vollen Ersatz für die gewährte Unterstützung 
verlangen, wenn nicht arme Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind. 
10. Die öffentliche Armenpflege findet eine wichtige Unterstützung 973 
und Ergänzung in der Privatwohltätigkeit. Hier sind be- 
sonders zu nennen die im ganzen Reich organisierten und zu einem 
Verbande zusammengeschlossenen Frauenvereine, welche zu- 
nächst die Fürsorge für Verwundete und Kranke im Krieg bezwecken, 
aber auch im Frieden durch freiwillige Armenpflege, Errichtung ge- 
meinnütziger Anstalten der verschiedensten Art, sowie durch Ausbil- 
dung und Erhaltung von Krankenpflegerinnen eine wirksame Tätig-
	        
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