Full text: Bürgerkunde.

Vom Recht überhaupt 11 
Parteien nennt man die Vereinigung solcher Personen, 
welche gleiche politische, religiöse oder wirtschaftliche Auffassungen 
und Bestrebungen haben. Eine rechtliche Bedeutung kommt 
ihnen im politischen Leben nicht zu, und in den Staatsverfassungen 
und sonstigen Gesetzen ist nirgends von ihnen die Rede; tatsächlich 
aber üben sie auf das politische Leben innerhalb und außerhalb der 
Parlamente den größten Einfluß aus. Sie sind zweifellos not— 
wendig, um eine Zersplitterung der Kräfte zu vermeiden und die 
Meinungen zusammenzufassen; denn, wenn jeder einzelne von Hun— 
derten von Abgeordneten bei den Beratungen und Abstimmungen 
seine in Nebensachen abweichende Meinung zur Geltung bringen 
wollte, so würden die Beratungen und Abstimmungen endlos dauern 
und kein vernünftiges Ergebnis erzielen. Verderblich aber wirken 
die politischen Parteien dann, wenn ihre Mitglieder nicht ständig 
davon durchdrungen sind, daß hoch über der Partei das Wohl des 
Vaterlandes steht, und daß diesem Wohle gegenüber alle Rücksichten 
auf die Partei und auf persönliche Interessen unbedingt zurücktreten 
müssen. Die Regierung selbst wird zwar häufig in ihren Anschau— 
ungen der einen oder der anderen Partei nahestehen, aber sich nicht 
mit einer Partei eins fühlen; sie soll über den Parteien stehen. 
C. Vom siecht überhaupt. 
Keine Gemeinschaft von Menschen kann bestehen ohne bestimmte, 
für alle Gemeinschaftsglieder verbindliche Vorschriften. Sogar die 
Kinder verabreden, wenn sie sich zu ihren Spielen vereinigen, zur 
Verhütung von Streit feste Spielregeln. In jeder Familie muß es, 
wenn nicht Unordnung und Unfrieden einkehren soll, eine Haus- 
ordnung geben, nach der sich alle Familienglieder richten müssen. 
Noch viel wichtiger und unentbehrlicher sind naturgemäß solche allge- 
mein gültigen Vorschriften im Staate, in welchem auf engem Raume 
eine große Anzahl verschieden gesinnter Menschen leben, die zu 
einander in zahlreichen Beziehungen verschiedenster Art stehen. 
Wollte da jeder tun, was ihm beliebt, so würde die Verwirrung 
allgemein sein, Unordnung und Gewalttat würden herrschen, der 
Krieg aller gegen alle würde entbrennen. 
Die Gesamtheit der in einem Staate bestehenden, allgemein gül- 
tigen Vorschriften heißt sein Recht. Aber nicht nur die staatliche 
Gemeinschaft, auch jede andere Gemeinschaft besitzt ihr Recht. So 
gibt es ein Kirchenrecht, welches die Vorschriften für das Leben 
der kirchlichen Gemeinschaften enthält, und ein auf Gebräuche und 
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