Full text: Bürgerkunde.

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338 Das Wirtschaftsleben 
derung sich ein solches Kreditpapier ausstellen ließ, braucht also nicht 
zu warten, bis der Verfalltag der Schuld gekommen ist; er muß nicht 
bis dahin sein Geld entbehren, sondern er kann das Papier gegen 
Zahlung seines Wertes weiter geben. So gehen die Kreditpapiere 
bis zu ihrer Fälligkeit im Verkehr von Hand zu Hand wie das Geld; 
ja, sie sind sogar für Zahlungen größerer Summen und an entferntere 
Plätze ein weit bequemeres Zahlungsmittel als das Geld. Wird auf 
solche Weise schon im inländischen Verkehr in großem Umfang durch 
Verwendung der Kreditpapiere bei Zahlungen Zeit, Mühe und Kosten 
erspart, so wäre der internationale Handel in seiner jetzigen Aus- 
dehnung auf Grund von Barzahlungen überhaupt nicht mehr durch- 
zuführen. Der auf Milliarden sich belaufende Umsatz zwischen den 
einzelnen Ländern vollzieht sich fast ausschließlich durch Verwendung 
von Kreditpapieren. 
Hierdurch wird zugleich der Volkswirtschaft Metallgeld in 
sehr erheblichem Umfange erspart. Man hat berechnet, daß gegen- 
wärtig in Deutschland mindestens neun Zehntel aller Umsätze durch 
den Kredit vermittelt werden.!““ Würden an deren Stelle Barzah- 
lungen treten, so wäre die weitere Ausmünzung mehrerer Milliarden 
an Gold und Silber nötig, wozu übrigens die vorhandenen Edel- 
metallmengen bei weitem nicht ausreichen würden. 
Anderseits darf aber auch nicht verkannt werden, daß der an un- 
rechter Stelle gewährte Kredit mancherlei Gefahren in sich birgt. Der 
zu Produktionszwecken gewährte sog. Produktivkredit ver- 
leitet leicht zu gewagten Unternehmungen, die in keinem Verhältnisse 
zu dem Vermögen des Unternehmers stehen. Volkswirtschaftlich 
überwiegend schädlich ist ferner der nur zum Verbrauch gewährte 
Kredit (Verbrauchskredit, auch Konsumtionskredit 
genannt, da er die Verschwendung begünstigt. Hierher gehört das in 
Deutschland leider eingebürgerte Borgsystem, das einerseits den 
seine Waren auf Kredit abgebenden Kaufmann zwingt, entweder mit 
einem großen Betriebskapital zu arbeiten oder seinerseits wieder von 
seinem Großhändler oder Fabrikanten Kredit zu beanspruchen, wäh- 
rend es anderseits das Publikum daran gewöhnt, schon zu verzehren, 
was erst erworben werden soll.“!“ Ein schädlicher Auswuchs der 
Kreditgewährung ist endlich der Wucher, welcher durch besondere 
Strafgesetze (s. Nr. 285) bekämpft wird. 
“ Mit Recht spricht man deshalb dabon, daß heutigentags die Geld- 
wirtschaft zum Teil durch die Kreditwirtschaft ersetzt sei. Siehe 
Nr. 995. 
* Die Kaufleute suchen die Barzahlung zu fördern durch Gewährung 
von Rabatt. Dem gleichen Zwecke dienen die in neuerer Zeit entstan- 
denen Rabattsparvereine; hier treten an die Stelle des Rabatts
	        
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