Das Versicherungswesen 367
Ministeriums des Innern steht. Die Anstalt ist auf dem Prinzip der
Gegenseitigkeit aufgebaut (Nr. 1099). Bei ihr besteht keinerlei Bei—
trittszwang; man kann deshalb auch bei Privatgesellschaften gegen
Hagel versichern. Bei der Gründung wurde ihr aus der Staatskasse
ein Stammkapital von einer Million zugewiesen; außerdem gewährt
ihr der Staat jährliche Zuschüsse.
Die Versicherungsbedingungen, insbesondere die Beitritts—
gebühren werden durch die Anstaltsverwaltung festgesetzt; die Bei—
träge sind nach Gefahrenklassen abgestuft. Sie werden wie die
Staatssteuern eingehoben und zwangsweise beigetrieben. Wer wegen
Hagelschadens Entschädigung beansprucht, hat binnen zwei Tagen
nach Eintritt des Schadens Anzeige bei der Gemeinde zu erstatten;
diese hat binnen vierundzwanzig Stunden der Anstaltsverwaltung
Kenntnis zu geben. Letztere setzt nach Vornahme der erforderlichen
Erhebungen die Entschädigung fest. Eintritts- und Austrittserklä—
rungen hat die Gemeindeverwaltung entgegenzunehmen. Die im
Jahre 1906 gezahlte Entschädigungssumme betrug 3 593 425 M. Die
Zahl der Hagelschäden belief sich in diesem Jahre auf 2489.
9. Die Viehversicherung.
Sie ist in Bayern vom Staate in die Hand genommen und kann
auf die Versicherung von Vieh jeder Art mit Ausnahme der Pferde
erstreckt werden. Entschädigt werden zurzeit Verluste, die durch Um-
stehen oder Notschlachtung von Rindvieh und Ziegen oder dadurch
entstehen, daß das Fleisch eines geschlachteten Rindviehstückes poli-
zeilich als zum Genuß für Menschen untauglich, nur bedingt tauglich
oder erheblich herabgesetzt im Nahrungs= und Genußwert erkannt
wird. Die Versicherung erfolgt durch Ortsviehversicherungsvereine,
die zu einem, das ganze Königreich umfassenden Verband, die öffent-
liche Viehversicherungsanstalt, mit dem Sitz in München vereinigt
sind. Die Ortsviehversicherungsvereine sind auf den Grundsätzen der
Gegenseitigkeit und der Freiwilligkeit aufgebaut, sie werden in der
Regel für eine Gemeinde oder mehrere Gemeinden, ausnahmsweise
für Teile von Gemeinden, errichtet. Die Verwaltung der Versiche-
rungsanstalt erfolgt durch die Königliche Versicherungskammer. Auf-
nahme in den Verband finden nur solche Vereine, die die von der
Anstalt aufgestellten Bestimmungen über die Organisation der Ver-
eine und über das Verhältnis der Versicherten zum Verein, das
sogenannte Normalstatut, angenommen haben.
Die eine Hälfte der Entschädigungen wird in jedem Falle
von der Anstalt gezahlt, die andere Hälfte ist von dem in Betracht
kommenden Ortsviehversicherungsverein zu tragen. Die Höhe der
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