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420 Das Wirtschaftsleben
2. Förderung und Schutz der Seeschiffahrt.
Dem Schutze der Schiffahrt gegen die ihr drohenden Gefahren
dienen zunächst die einheitlich geordneten Schiffahrtszei chen
zur Bezeichnung der Fahrwasser und Untiefen (Leuchttürme, Feuer—
schiffe, Baken, d. h. weithin sichtbare, hölzerne Gerüste, verankerte
Seetonnen usw.); ferner die vom Kaiser zur Verhütung des Zusam—
menstoßens der Schiffe auf See erlassenen Vorschriften über das Aus-
weichen und die Anwendung von Lichter= und Schallsignalen.
Eine besondere Strandungsordnung enthält Vorschrif-
ten über Rettung von Personen, Bergung von Gütern und Schif-
feenn und über die Rechte an dem sog. Strandgut, d. h. den aus
dem Wasser geretteten oder an den Strand gespülten Gegenständen.
Die Verwaltung des Strandguts liegt den Strandungs-
amtern (Strandhauptleuten) ob, während den ihnen unterge-
ordneten Strandvögten das eigentliche Hilfs= und Rettungs-
werk übertragen ist. Um die Rettung Schiffbrüchiger macht sich fer-
ner überaus verdient die auch von der Regierung geförderte „Ge-
sellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“, deren Hilfs-
stationen über die ganze Küste der Nord= und Ostsee verteilt sind.
Die Ursachen der vorgefallenen Seeunfälle werden durch die an
den Küstenplätzen errichteten Seeämter festgestellt. Diese sind
mit einem richterlichen Beamten als Vorsitzenden und vier Beisitzern
besetzt, von denen mindestens zwei Berufsschiffer sein müssen. Das
Seeamt fällt nach mündlicher und öffentlicher Verhandlung seinen
Spruch über die Ursachen des Unfalls; es ist berechtigt, zugleich den
für schuldig befundenen Schiffern, Steuerleuten und Maschinisten
die Befugnis zur Ausübung ihres Gewerbes zu entziehen. Gegen
diese Entscheidungen ist die Beschwerde an das Oberseeamt zu
Berlin zulässig.
Die Ladungsfähigkeit der Schiffe wird im Interesse der Sicher-
heit des Betriebs und zum Zwecke der Berechnung der Schiffahrts-
abgaben durch Schiffsvermessung festgestellt und in sog.
Meßbriefen beurkundet. Die Oberaufsicht über die Tätigkeit
der Vermessungsämter führt das Kaiserliche Schiffsvermessungsamt
zu Berlin.
Der Förderung der Seeschiffahrt dient endlich die in Verwaltung
des Reichs befindliche Deutsche Seewarte zu Hamburg. Sie
gibt die für die Schiffahrt unentbehrlichen Schiffahrtskarten her-
aus, sorgt für Beschaffung richtiger nautischer Meßinstrumente (Kom-
passe, Sextanten usw.) und veröffentlicht auf Grund der Mitteilun-
gen ihrer zahlreichen Beobachtungsstationen und Signalstellen fort-
laufend die auch für das Inland wichtigen Witterungsberichte, welche
einen Schluß auf die Witterung der kommenden Tage gestatten.