Heeresstärke und Heeresersatz 437
eine Vorladung zur sog. Musterung, welche durch die Ersatz-
kommission des Aushebungsbezirks vorgenommen wird. Diese
Ersatzkommission besteht aus dem Landwehrbezirkskommandeur und
einem höheren Beamten der Zivilverwaltung (in Bayern in unmittel-
baren Städten in der Regel dem Bürgermeister, im übrigen in der
Regel dem Bezirksamtmann). Zur Unterstützung sind ihr ein
Infanterieoffizier und ein Militärarzt beigegeben. Bei der
Musterung, welche gewöhnlich im März stattfindet, werden die
erschienenen Militärpflichtigen ärztlich auf ihre militärische Brauch-
barkeit untersucht. Wer noch nicht kräftig genug erscheint oder mitten
in der Vorbereitung zu einem Lebensberuf steht oder in seiner Familie
Unentbehrlich ist, kann zunächst für eine gewisse Zeit zurückgestellt
werden. Im übrigen sind aber die Entscheidungen der Ersatzkommis-
sion nur vorbereitend; die endgültige Entscheidung über die Einzie-
hung der Rekruten steht der später zusammentretenden Oberersatzkom-
mission (s. unten) zu. An das Musterungsgeschäft schließt sich unmit-
telbar die sog. Lofsun gis an. Wenn nämlich mehr brauchbare
Mannschaften vorhanden sind als für den Bezirk dem Bedarf ent-
spricht, so wird über die Reihenfolge der Einziehung zum Dienst durch
das Los entschieden. Diejenigen, welche hierbei die höchsten Losnum-
mern ziehen, werden zunächst nicht einberufen. Auf sie kann aber,
wenn der Aushebungsbezirk späterhin nicht genügend brauchbare
Rekruten liefert, während der nächsten zwei Jahre noch zurückgegriffen
werden; geschieht dies jedoch nicht, so werden sie im dritten Jahre der
Ersatzreserve (s. Nr. 1342) überwiesen.
Das eigentliche Aushebungsgeschäft wird durch die
Oberersatzkommission vorgenommen, welche gewöhnlich im
Mai zu diesem Zweck die einzelnen Aushebungsbezirke bereist. Ihr
gehört der Infanteriebrigadekommandeur (Generalmajor) sowie ein
höherer Beamter der Staatsverwaltung (er wird in Bayern vom Mi-
nisterium des Innern bestellt) an. Es wirken ferner der zuständige
Bezirkskommandeur, der Brigadeadjutant und ein höherer Militär-
arzt mit. Der Oberersatzkommission werden die einzelnen Militär-
pflichtigen vorgestellt, und sie entscheidet in der Regel endgültig',
wer vom Dienst ausgeschlossen ist (z. B. wegen früherer Verurteilung
unter Umständen das Recht auf Zurückstellung verlieren oder sogar als sog.
unsicherer Heerespflichtiger sofort in das Heer eingereiht
werden.
“ Die Einjährig-Freiwilligen nehmen an der Losung nicht teil.
Gegen diese Entscheidung der Oberersatzkommission kann aber noch
die Entscheidung der höchsten Ersatzbehörde angerufen werden;
diese besteht aus dem kommandierenden General des Armeekorps und einem
hohen Beamten der Staatsverwaltung.
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