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62 Das bayerische Staatsrecht
werden spätestens vier Wochen vor dem zur Wahl bestimmten Tage
öffentlich ausgelegt. Gegen die Richtigkeit kann Einsprache erhoben
werden. Wer nicht in die Wählerliste eingetragen ist, kann nicht
wählen. Zur Besorgung des Wahlgeschäfts wird für jeden Wahl-
kreis ein Wahlkommissär ernannt. JFür jeden Wahlbezirk
wird ein Wahlvorsteher ernannt, der sich wieder einen Proto-
kollführer und Beisitzer erwählt. Diese bilden zusammen dann den
Wahlvorstand.
Die Wahl geht von 10 Uhr morgens bis abends 7 Uhr vor sich;
das Verfahren ist das gleiche wie bei den Reichstagswahlen (s.
Nr. 87). Aehnlich wie bei diesen erfolgt auch die Zusammenstellung
und Veröffentlichung des Wahlergebnisses durch eine von dem Wahl-
kommissär zu berufende Wahlkommission. Der Wahlkommis-
sär verständigt die Gewählten von der Wahl und fordert sie zur Er-
klärung über die Annahme der Wahl auf.
Gewählt ist, wer die relative Mehrheit der im Wahlkreis ab-
gegebenen gültigen Stimmen erhält, d. h. der Gewählte muß
mehr Stimmen als jeder andere Bewerber haben; außerdem muß er
mindestens ein Drittel der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten
haben. Ergibt sich eine solche Mehrheit nicht, so ist eine „weitere Wahl-
handlung“ vorzunehmen, bei der lediglich die relative Mehrheit ent-
scheidet und das Verhältnis zur Gesamtzahl der abgegebenen Stim-
men gleichgültig ist. Diese „weitere Wahlhandlung“ ist nicht eine
Stichwahl, wie sie das Reichstagswahlrecht kennt, d. h. der Kreis der
wählbaren Personen ist unbeschränkt und nicht auf die Personen ein-
geschränkt, die bei der „ersten Wahlhandlung“ die meisten Stimmen
erhielten.
Die Annahme der Wahl steht jedem frei; der Abgeord-
nete kann auch jederzeit aus der Kammer austreten; nimmt der Ge-
wählte die Wahl nicht an oder scheidet der Abgeordnete während der
Wahlperiode aus, so hat eine Neuwahl stattzufinden, die in ähn-
licher Weise vor sich geht.
4. Die Stellung der Mitglieder des Landtags.
Die Mitglieder des Landtags haben ausschließlich die Int er-
essen des Gesamtheit des Volkes zu vertreten; sie sind nicht
etwa Beauftragte ihres Wahlkreises oder ihrer Wähler und an deren
Instruktion nicht gebunden 26 (s. Nr. 89). Sie können für die
„? Die Kosten der Bereitstellung des Wahllokals, einschließlich der zur
Vornahme des Wahlgeschäftes nötigen Gegenstände, haben die Gemeinden,
die übrigen Kosten hat der Staat zu tragen. .
* Dies bringt auch der Eid, den die Landtagsmitglieder
zu leisten haben, zum Ausdruck. Sie schwören, „nur des ganzen Landes