Full text: Bürgerkunde.

Die obersten Landesbehörden 67 
Anträge, die Organisation der Staatsbehörden, gewisse Streitig— 
keiten zwischen den Ministerien und gewisse Beschwerden über die 
Minister. Die Entscheidung steht dem Staatsrat insbesondere 
zu bei Beschwerden über Verfassungsverletzungen, wenn die Be— 
schwerden durch den Landtag dem König vorgelegt werden. 
2. Die Ministerien. 
Die Minister haben — und zwar jeder Minister für seinen Ge— 
schäftskreis — die oberste Leitung der Staatsangelegenheiten. Sie 
sind hierfür auch verantwortlich. Sie haben weiter die Ver- 
antwortung für die Regierungshandlungen des Königs; diese über- 
nehmen sie durch die sogenannte Gegenzeichnung seiner An- 
ordnungen (vgl. Nr. 159). 
Die Minister werden nicht bloß als Einzelpersonen tätig, sondern 
auch in ihrer Gesamtheit als Gesamtministeriums:s oder 
Ministerrat. Dieses ist ein weiteres beratendes Organ des 
Königs neben dem Staatsrat (s. Nr. 188). 
Den Vorsitz im Ministerrat führt der Minister des Königlichen 
Hauses und des Aeußern. Jedes Ministerium besteht neben dem 
Minister aus einer Anzahl von Nebenbeamten (Referenten), die ver- 
schiedene Titel führen, und dem Kanzlei= und Dienerpersonal. Aeu- 
Herlich stellt das Ministerium ein Kollegium dar, entscheidend ist aber 
lediglich die Meinung des Ministers. Die Entschließungen des Mini- 
steriums sind deshalb rechtlich nur Entschließungen des Ministers. 
Die Minister können in den Ministerien besondere Abtei- 
lungen bilden, und deren Leitung einem höheren Ministerial- 
beamten übertragen. Den Abteilungen kann die Leitung minder 
wichtiger Geschäftsaufgaben übertragen werden, doch bleibt der 
Minister für den Abteilungsvorstand verantwortlich. 
Wegen der besonderen rechtlichen Stellung, die der Minister 
gegenüber anderen Beamten einnimmt, insbesondere deswegen, weil 
er die Verantwortung für die Regierungshandlungen des Königs zu 
* Unter Portefeuille eines Ministers versteht man seine Geschäfts- 
aufgabe. Die Verfassung verschiedener Staaten kennt „Minister ohne 
Portefeuille“, d. h. solche, die eine selbständige Verwaltungstätig- 
keit nicht zu entfalten haben, sondern nur an den Beratungen des Gesamt- 
staatsministeriums teilnehmen. Der bayerischen Ministerialorganisation ist 
diese Einrichtung fremd. 
* Man nennt diese Geschäftsbehandlung, nach der die Entscheidung 
nur dem Vorstande einer Behörde zusteht, die bureaukratische, im 
Gegensatz zur kollegialischen Geschäftsbehandlung, bei der 
der Wille mehrerer, und zwar bei Verschiedenheit der Meinungen Stimmen- 
mehrheit maßgebend ist. 
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