Verfassung. § 34. 97
Staatsangehörigkeit ausgenommenen Personen enthalte, da sie sich
gleichmäßig auf alle Staatsangehörigen bezieht, insbesondere auch
die geborenen Badener trifft, die durch Entlassung die badische Staats-
angehörigkeit verloren hatten, sie aber später durch Aufnahme oder
Naturalisation wieder erwerben. Wenn Art 3 der Reich-Verf auch
hinsichtlich der politischen Rechte aller Angehörigen deutscher Bundes-
staaten ein gemeinsames Indigenat begründet hätte, so würde kon-
sequenterweise auch das Erfordernis der vorherigen Erwerbung des
Staatsbürgerrechts nicht als Bedingung für die Ausübung des Wahl-
rechts in einem andern deutschen Bundesstaat aufgestellt werden
dürfen, und es müßte jeder Badener ohne vorherige Erwerbung der
Staatsangehörigkeit zu den Landtags= 2c Wahlen in allen andern
deutschen Staaten zugelassen werden, eine Konsequenz, die in der staats-
rechtlichen Literatur bis jetzt nur ganz vereinzelt Anerkennung ge-
funden hat. Vgl von Seydel, Kommentar, S 54. Der Vorteil, den
der geborene Badener gegenüber dem erst im wahlfähigen Alter in
die badische Staatsangehörigkeit aufgenommenen Deutschen hat, ist
nicht die Folge einer gesetzlichen ungleichen Behandlung, sondern eine
unvermeidliche Folge tatsächlicher natürlicher Verhältnisse.
Ganz übereinstimmend mit dieser Auffassung ist auch in dem
Schlußprotokoll zu dem Vertrag des Norddeutschen Bundes mit
Bayern vom 23. November 1870 unter II. ausdrücklich festgestellt,
daß sich die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes nicht auf die Frage
erstrecken solle, unter welchen Voraussetzungen jemand zur Ausübung
politischer Rechte in einem einzelnen Staate befugt sei, und unter
Bezugnahme auf diese Bestimmung hat auch der Staatssekretär Graf
Posadowsky in der Reichstagssitzung vom 17. März 1905 (Sten.
Prot S 5342) auf eine Bemerkung des Abg. Eichhorn sich dahin
ausgesprochen, daß die Landesgesetze darüber zu bestimmen hätten,
unter welchen Bedingungen die Angehörigen anderer Bundesstaaten
zur Ausübung politischer Rechte im Bundesstaat des Wohnorts be-
fugt sind.
Im übrigen ist zur Entscheidung dieser Frage, abgesehen von
dem nach § 41 Verf jeder Kammer zustehenden Recht der Prüfung
der streitigen Wahlen der ihr angehörigen Mitglieder nach § 74
Landt WG der Verwaltungsgerichtshof in erster und letzter Inftanz
zuständig, bei dem gegen die bezügliche Entschließung des Bezirksrats
(Ziff 18 lit b der LhV vom 5. August 1884, die Verwaltungsrechts-
pflege betr, Gu VBl S 369) Klage erhoben werden kann.
Ueber die Erwerbung und den Verlust der Staatsangehörigkeit
vol Bem 1 zu § 7.
Wegen der Berechnung der Karenzzeit vol Bem 2.
Glockner, Bad. Verfassungsrecht. 7