110 II. Verfassung.
den Wählern Gelegenheit geboten wird zu der Erwägung, ob sie
in jenem Vorgang Anlaß finden, mit ihrer Vertretung einen andern
Abgeordneten zu betrauen. RegBegr, Verh der zweiten Kammer
69/70, 4. Beil Heft, S 25.
2. Also sowohl der zweiten als auch der ersten Kammer.
3. Nach dem Wortlaut gilt die Vorschrift weder für den Hofdienst,
noch den Kirchendienst oder den Gemeindedienst, ebenso Seydel
in Hirths Ann 1880 S 398; sie wird aber nach Sinn und Zweck
auch nicht anwendbar sein für den Reichsdienst, den Dienst im
preußischen Heere und in einem andern Bundesstaat. — In Betracht
kommen nur die besoldeten Aemter, nicht die Ehrenämter oder bloße
Titel, mit welchen keinerlei amtliche Tätigkeit verbunden ist; auch
beim Eintritt in ein höheres Amt kann nur ein besoldetes Amt in
Frage stehen. Die Annahme eines besoldeten Staatsamts ist nicht
notwendig mit dem Eintritt in den Staatsdienst gleichbedeutend, sie
liegt vielmehr auch dann vor, wenn jemand neben dem Amt, welches
er bereits versieht, noch ein anderes annimmt. Die Erhöhung des
Rangs oder Gehalts unter Beibehaltung desselben Amts hat den
Verlust des Abgeordnetensitzes nicht zur Folge, ebensowenig die Ver-
tauschung des Amts mit einem andern, sofern nicht damit ein höherer
Rang oder ein höherer Gehalt oder beides verbunden ist, val
Seydel aa O 399 und Kommentar S 197 ff.
4. Den Wiedereintritt eines in den Ruhestand versetzten Beamten
in den aktiven Dienst hat die zweite Kammer am 14. März 1882
(mit 31 gegen 30 Stimmen) ebenfalls als Annahme eines Staats-
amts betrachtet. Landt 1882, Prot Heft S 81. Nach § 49 des
BeamtW# dürfte die Frage wohl anders zu entscheiden sein, da hier-
nach der zuruhegesetzte Beamte unter bestimmten Voraussetzungen
verpflichtet ist, wieder ein Amt zu übernehmen.
Sowohl für die Annahme eines Amts als den Eintritt in ein
höheres Amt ist der Zeitpunkt maßgebend, mit welchem die recht-
liche Wirkung der Ernennung oder Beförderung eintritt, val
Seydel in Hirths Ann 1880 S 400 und Kommentar zu Art 21
Reichs Verf, S 198.
§ 41.
Jede Kammer erkennt über die streitigen Wahlen: der
ihr angehörigen Mitglieder.
1. Eine in der Kommission der zweiten Kammer bei Beratung
der Novelle vom Jahr 1904 beantragte Aenderung zu dem Zweck,
um die Entscheidung über solche Wahlen einem besonders zu be-