Verfassung. § 41. 111
stellenden richterlichen Kollegium zu übertragen, — vgl hierüber die
Abhandlung von Walz, Verwzeitschrift 1902, S 125 ff, und über
die Ausgestaltung des hierin vielfach als vorbildlich bezeichneten eng-
lischen Rechts und dessen Mängel jetzt Hatschek, Englisches
Staatsrecht, S 302 ff, insbesondere 305, — fand nicht die Zu-
stimmung der Mehrheit. Diese machte geltend, es handle sich
um ein hoch zu haltendes Recht der Kammern, ihre eigenen An-
gelegenheiten selbst zu entscheiden, welches ohne Not nicht aufgegeben
werden könne; auch würde die Bildung eines besonderen, zur Ent-
scheidung über streitige Wahlen berufenen Gerichtshofes nicht un-
erheblichen praktischen Schwierigkeiten begegnen, und es würden
richterliche Beamte, welche in diesen Gerichtshof ernannt würden,
in den Kampf der politischen Parteien verwickelt, was nicht erwünscht
sei. KommBer der zweiten Kammer S 49/50.
2. Wenn auch diese Bestimmung ausdrücklich nur für streitige
Wahlen gilt, so steht doch aus Gründen, die in der Natur der
Sache liegen, der ersten Kammer auch das Recht zu, die Legitimation
der nicht gewählten Mitglieder zu prüfen, was z B beim Uebergang
einer Standesherrschaft auf ein anderes Mitglied einer standesherr-
lichen Familie von Bedeutung sein kann. Vol Bem 2 zu § 27 und
Prot der ersten Kammer von 47/48, 1. Prot Heft S 176 ff. Ebenso
Wielandt, Staatsrecht, S 67, Anm 1, und Walz in der
Verwzeitschr 1902 S 132, Anm 1.
3. Ueber die Prüfung der Vollmachten der neu eingetretenen
Abgeordneten enthalten die Geschäftsordnungen der beiden Kammern
nähere Vorschriften, s unten unter VI. Vgl GeschO I. K §§# 2—6,
GeschO II. K §#§# 2—9a. Aus der letzteren ist hervorzuheben, daß
Wahlanfechtungen oder Einsprachen gegen die Gültigkeit einer Wahl
spätestens vor Beginn der zur erstmaligen Wahlprüfung anberaumten
Sitzung der Kammer beim Bureau derselben einkommen müssen
(GeschO II. K § 7). Trotz des Wortlauts „streitige Wahlen“ werden
sämtliche Wahlen ohne Rücksicht darauf, ob Einsprachen gegen dieselben
vorliegen oder nicht, von den Kammern geprüft, Gesch § 2. Ob
die Erhebung einer Einsprache gegen eine Wahl allen Wahlberechtigten
zusteht, wie dies für die Reichstagswahlen angenommen wird, vgl
Laband, Staatsrecht lL. S 314, Anm 1, Seydel in
Hirths Ann 1880 S 394 und Kommentar S 207, oder nur
den Wahlberechtigten des betreffenden Wahlkreises, ist zweifelhaft,
vol Walz, Verwmgeitschr 1902, S 154. Daß auch seitens der Re-
gierung eine etwaige Ungültigkeit einer Wahl geltend gemacht werden
kann, ist wohl selbstverständlich, vgl Walz a a O S 155. Nach