130 II. Verfassung.
von dem Abg Freiherrn von Liebenstein darauf hingewiesen,
„daß von allen Bestimmungen unserer im ganzen so liberalen Ver-
fassung im In-- und Ausland keine lauteren und gegründeteren Tadel
gefunden habe, als die, daß alle Domänen des Staats Privateigen-
tum der regierenden Familie seien. Es habe gerechte Verwunderung
erregt, daß man dabei nicht einmal zwischen den Domänen in den
alten Stammlanden und den Domänen in den seit dem Lüneviller
Frieden erworbenen Entschädigungslanden, welche durch das Blut und
die Schätze des Volks errungen worden, unterschieden habe“. Verh
der zweiten Kammer 1819, 8. Heft. S 14. Und in der staatsrechtlichen
Literatur besteht Uebereinstimmung darüber, daß zwar ein Teil der
Domänen, namentlich die seinerzeit von den badischen Markgrafen
erworbenen Güter, welche einstmals das Hausfideikommiß gebildet
hatten, zweifellos Privateigentum des Großherzogs und seiner Familie
ist, daß aber ein anderer Teil derselben, insbesondere von den Er-
werbungen zufolge des Preßburger Friedens von 1805 und der Rhein-
bundsakte von 1806 eigentliche Staatsdomänen sind, an denen ein
privates Eigentumsrecht der landesherrlichen Familie sich nicht be-
gründen läßt. Bezüglich jeder einzelnen Domäne wird daher bei
einer etwaigen späteren Teilung der Domänen zwischen der landes-
herrlichen Familie und dem Staat — die, wie Wielandt, Staats-
recht, S 26, Anm 2, bemerkt, namentlich dann notwendig fallen
würde, wenn auf dem Wege eines Verfassungsgesetzes etwa die Thron-
folgcordnung abgeändert werden sollte — auf den Rechtstitel ihrer Er-
werbung zurückzugehen sein, und wohl die Schwierigkeit einer der-
artigen Scheidung hat seither die Lösung der sog Domänenfrage ver-
hindert. Val über diese Frage Pfister, Staatsrecht I. S 142 ff,
545 ff; Schenkel, Staatsrecht, S8, Anm 1; von Jagemann,
im Großh Baden, S 555 ff, insbesondere 558/59; Regenauer,
Staatshaushalt, S 284; Helferich, in der Zeitsch f d ges Staatsw,
4. Bd 1847, S3Zff; Degen, Das Eigentumsrecht an den Domänen
im Großh Baden, Inauguraldissertation, Heidelberg 1903; ferner
Seubert, im Großh Baden, S 741/42, wo ausgeführt wird, daß
„Lösungsversuche, wenn sie zum guten Ende führen sollen, im Geist
billiger Rücksichtnahme auf die Ergebnisse der geschichtlichen Entwick-
lung, auf die praktischen Anforderungen des Staatslebens und auf
die berechtigten Interessen aller Teile zu unternehmen sein“ werden.
2. Der Ertrag der Domänen ist im Budget für 1904/05 im
ordentlichen Etat auf insgesamt jährlich 10 201 823 M. veranschlagt,
davon aus Holzerlös allein 7 191 975 M.; diesen Einnahmen stehen
Ausgaben und Lasten gegenüber in Höhe von jährlich 6 040 860 M.,
die Reineinnahme beträgt somit 4 160 963 M. Die auf den Ertrag