Verfassung. § 67 a. 159
würde die Regierung rechtlich nicht binden, vgl Wielandt, daa O,
S 48 Anm 1; unter Umständen würde aber — mit der oben näher
dargelegten Einschränkung — die Nichtbeachtung eines solchen Be-
schlusses allerdings eine Verantwortlichkeit im Sinn des § 67 a
begründen. Auf dem Landtag 1899/00 blieb die Regierung bei einer
Verhandlung der zweiten Kammer über einen Antrag des Abgeord-
neten Muser, der die Kammer aufforderte, zu erklären, daß sie
mit der hinsichtlich des Gesetzentwurfs über den Schutz der Arbeits-
willigen dem badischen Bundesratsbevollmächtigten erteilten Instruk-
tion nicht einverstanden sei und für den Fall der erneuten Einbrin-
gung einer solchen Vorlage die sichere Erwartung ausspreche, daß
die Regierung dagegen stimmen werde, unvertreten, und gab schrift-
lich die Erklärung ab, daß sie nicht in der Lage sei, über den Inhalt
eines im Reichstag abgelehnten Gesetzes nachträglich in eine Dis-
kussion im Landtag einzutreten, und sie sich künftigen Gesetzesvor-
lagen gegenüber freie Entschließung nach sorgfältiger Prüfung vor-
behalte. Prot II. K 1899/00, S 28.
4. Das Gesetz vom 24. August 1904 hat lediglich infolge der
Neunummerierung des bisherigen § 74, durch welchen für Abstim-
mungen über Verfassungsänderungen die Anwesenheit von drei
Vierteln der Mitglieder jeder Kammer vorgeschrieben wird, das
frühere Zitat des § 74 durch den § 73 ersetzt.
5. Unter Entlassung ist nach der Entstehungsgeschichte des Ge-
setzes die Dienstentlassung mit Verlust der Staatsdienerrechte, d h
ohne Anspruch auf Ruhegehalt, zu verstehen. Der Regierungsentwurf
hatte für schwerere Verletzungen die Entlassung des Angeklagten aus
dem Staatsdienst, bei leichteren dessen Entfernung aus dem aktiven
Dienst, dh die Zuruhesetzung, vorgesehen, vgl Kom Ber II. K, 1865/66,
6. BeilHeft, S 138/39. Bei der wiederholten Beratung in der
zweiten Kammer im Jahre 1868 wurde aber die Unterscheidung
zwischen schweren und leichten Vergehen als der Würde und Bedeutung
des Gesetzes nicht entsprechend beseitigt. Kom Ber II. K, 1867/68,
6. BeilHeft, S 340. Hiernach wird die vom Staatsgerichtshof ver-
fügte Entlassung ebenso wie die Dienstentlassung nach § 95 Beamten G
den Verlust des Titels und des Anspruchs auf Diensteinkommen, Ruhe-
und Versorgungsgehalt zur Folge haben, und es wird auch
der in § 95 Abs 3 Beamten G vorgesehene Unterstützungsgehalt nur
mit Zustimmung der Stände (§ 67 a Abs 5) bewilligt werden können.
6. Die von der zweiten Kammer beantragte einstweilige Ent-
hebung des Angeklagten von der Führung seines Amtes nach Mit-
teilung der beschlossenen Anklage an die oberste Staatsbehörde fand