170 II. Verfassung.
Ges vom 17. Juni 1862 (Reg Bl S 233) mit einer durch die Zu-
lassung einer Stellvertretung der Standesherren (§ 28 Abs 3 und
4 Verf) bedingten Aenderung wieder. Die authentische Inter-
pretation des § 74 Verf durch das Ges von 1862 erschien notwendig,
weil von Zeit zu Zeit, insbesondere auch bei der Beratung des
Regentschaftsgesetzentwurfs (vgl Bem 4 zu § 5) sich Bedenken gegen
die Richtigkeit dieser Auslegung erhoben hatten. Dem in der Re-
gierungsbegründung zum Ges vom 17. Juni 1862 enthaltenen Satz,
daß für die im Gesetze selbst nicht erwähnten Mitglieder der ersten
Kammer, also die gewählten und die ernannten, umgekehrt die Regel
zu gelten habe, sie seien in jedem Fall zu zählen, mögen sie erschienen
sein oder nicht, stimmte die Kommission der ersten Kammer nicht
zu, ließ aber die Frage nach der Berechnungsart der gewählten und
der ernannten Mitglieder der ersten Kammer, weil von keiner prak-
tischen Bedeutung, als eine offene dahingestellt. Bei Auslegung des
Ausdrucks „teilnehmen“ darf man sich nicht „von dem Bestreben
leiten lassen, in restriktiver Art möglichst viele Mitglieder außer An-
satz zu lassen, vielmehr ist von dem durch das Gesetz gewährten Mittel
mit möglichster Schonung Gebrauch zu machen“. Zur Beseitigung
etwaiger Zweifel, ob Mitglieder, die sich bei Beginn des Landtags
als zur Zeit verhindert entschuldigt haben, mitzuzählen sind,
empfehle sich daher eine nochmalige besondere Einladung unter aus-
drücklichem Hinweis auf diese gesetzliche Bestimmung. KommBer
I. K, 1861/62, 2. Beil Heft, S 104/5.
8 74.
(1.) Zur Gültigkeit einer Gesamtabstimmung nach 8 61
Absatz 4 wird erfordert, daß in jeder Kammer die zur Beschluß-
fassung nötige Zahl von Mitgliedern anwesend ist.¼
(2.) Der Entwurf gilt als angenommen, wenn sich bei der
Durchzählung die Mehrheit der in beiden Kammern abgegebenen
Stimmen dafür ausgesprochen hat; bei Stimmengleichheit ent-
scheidet die Stimme des Präsidenten der zweiten Kammer.=
Gesetz vom 24. August l004, Art S.
1. Voal § 71 Abs 1 und § 72 Verf. Nachdem der im Regierungs-
entwurf für die Fälle der §§ 61 und 61 a an Stelle der seitherigen
Durchzählung vorgesehene Zusammentritt beider Kammern zur ge-
meinsamen Abstimmung, für den § 74 Abs 1 ebenfalls von jeder
Kammer die Anwesenheit der zur Beschlußfassung erforderlichen Zahl
von Mitgliedern verlangte, im Lauf der ständischen Beratungen wieder