Full text: Badisches Verfassungsrecht.

I. Geschichte der Verfassung. 21 
zweiten Kammer sollte je nach vier Jahren eince volltommene 
(Integralerneuerung) sein. 
Dazu sollten wesentliche Aenderungen in der Zusammensetzung 
der ersten Kammer kommen. Insbesondere sollte den Handels- 
kammern das Recht eingeräumt werden, drei Abgcordnete in die 
erste Kammer zu wählen. Die Zahl der vom Großherzog zu er- 
nennenden Mitglieder sollte von acht auf zehn erhöht, dagegen be- 
stimmt werden, daß unter den Ernannten zwei Oberbürgermeister 
der größeren Städte sein müssen. Ferner sollte der Technischen 
Hochschule die Berechtigung zuerteilt werden, gleich den beiden Uni- 
versitäten einen Abgcordneten zu wählen. Dic erbliche Landstand- 
schaft sollte nicht mehr, wic bisher, an dic gleichgeitige Verleihung 
einer Würde des hohen Adels geknüpft sein, dagegen von dem Besitz 
eines Stamm= oder Lehengutes im Anschlag von mindestens einer 
Million Mark (statt 300 000 Gulden) abhängig gemacht werden. 
Soweit die Abgcordneten der ersten Kammer aus Wahlen hervor- 
gehen, sollte die Mandatsdauer allgemein auf vier Jahre fest- 
gesetzt werden. Gegen dic in der ersten Kammer auf dem Landtag 
1897/98 angeregte Erweiterung ihres Budgetrechts wurden in der 
Denkschrift Bedenken gcäußert, dagegen eine präzisere Fassung des 
Eingangs des § 60 der Verfassungsurkunde bezüglich des Gcebietes, 
auf welches sich das Vorrecht der zweiten Kammer erstreckt, für 
cerwägenswert erklärt. Und zwar wurde in Aussicht genommen, die 
bisher zu Zweifeln Anlaß gebende Bestimmung dahin klarzustellen, 
daß das Vorrecht der zweiten Kammer sich auf alle Gesetzentwürfe 
beziehe, „durch welche Einnahmen und Ausgaben bewilligt werden 
sollen“", so daß, wic es in der Denkschrift heißt, „nicht nur das Auf- 
lagengesetz (Finanzgesetz), cinschließlich des Staatsbudgets, sondern 
auch alle Gesetze, welche die Erhebung von Abgaben und Gebühren, 
sowie die Aufnahme und Rückzahlung von Anlehen vorschreiben, nicht 
aber auch Gesetze, welche in ihrem Vollzug einer besonderen ständi- 
schen Genehmigung bedürftige Einnahmen oder Ausgaben für die 
Staatskasse zur Folge haben, künftig unter die Vorschrift des § 60 
fallen würden“. 
Außer der Denkschrift der Regierung lagen dem Landtage von 
1899/1900 auch Anträge des Abg. Wacker und des Abg. Drees- 
bach betreffend die Abänderung der Verfassung und der Wahlordnung 
vor. Alle diese Materialien wurden in einer besonders bestellten 
Kommission beraten. Die Mehrheit der Kommission beschränkte sich 
in bezug auf die die erste Kammer betreffenden Ausführungen der 
Denkschrift auf die Erklärung, daß sie
	        
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