Full text: Badisches Verfassungsrecht.

Verfassung. § 29. 75 
Wahl der grundherrlichen Abgeordneten sind sämtliche adelige Be- 
sitzer von Grundherrschaften, die das 21. Lebensjahr zurückgelegt 
und im Lande ihren Wohnsitz haben, stimmfähig. Wählbar sind 
alle stimmfähigen Grundherren, die das 25. Lebensjahr zurückgelegt 
haben. Jede Wahl gilt für acht Jahre. Alle vier Jahre tritt die 
Hälfte der grundherrlichen Deputierten aus.“ 
Die geänderte Fassung des seitherigen ersten Satzes des Abs 1 
soll durch die neu aufgenommene Begriffsbestimmung der Grund- 
berrschaft dasjenige zum Ausdruck bringen, was nach feststehender 
Praxis seither bei Aufstellung der Wählerlisten beobachtet wurde, 
RegBegr S 15. Doanach sind zwei Kategorien von Grundherr- 
schaften zu unterscheiden, die ehemals reichsunmittelbaren und die 
schon vor dem Preßburger Frieden und dem rheinischen Bund mit Ge- 
richtsbarkeit auf ihren Besitzungen landsässig gewesenen. Vgl hier- 
über auch Duttlinger, Quellen des Bad Staatsrecht I., Einl 
UVlIII ff. Die Verhältnisse der ersteren sind durch die in der Bem 1 
zu § 23 bereits angeführte Deklaration vom 22. April 1824 (Regl 
Nr XI, S 71), die der letzteren durch eine ebenfalls vom 22. April 
1824 datierte besondere Deklaration (Reg Bl Nr XI, S 77) geregelt. 
In § 2 der beiden Deklarationen ist den Grundherren „Anteil an der 
Landstandschaft zugesichert, welcher nach den Vorschriften der Ver- 
fassung ausgeübt wird“. Nachdem die in den vier ritterschaftlichen 
Kantonen (Hegau, Ortenau, Kraichgau und Odenwald) zusammen- 
gefaßten ehemals reichsunmittelbaren Grundherren auf die ihnen 
nach dem Art XIV der deutschen Bundesakte zustehende Gerichts- 
barkeit verzichtet hatten (vgl Eingang der ersten Deklaration), ist 
übrigens die Patrimonialgerichtsbarkeit der Grundherren zufolge der 
erwähnten beiden Deklarationen vollständig in Wegfall gekommen. — 
Voraussetzung der grundherrlichen Rechte ist außer dem Adel des 
Besitzers der Besitz von Liegenschaften, „eines Gutes“, auf dem 
jene Rechte früher hafteten, vol Art XIV. Abs 4 der deutschen 
Bundesakte, wo nur den Begüterten unter dem ehemaligen Reichs- 
adel Anteil an der Landstandschaft zugesichert ist. Es ist aber weder 
eine bestimmte Größe oder ein bestimmter Steueranschlag dieses 
Gutes, noch seine Eigenschaft als Stammgut erforderlich; wenn auch 
der überwiegenden Mehrzahl der Grundherrschaften Stammguts- 
eigenschaft zukommt, so sind doch einzelne davon Familiengüter (vgl 
darüber Dorner, AussG, S 323), andere ganz freies Eigentum. 
Ob der Uebergang der Grundberrschaft auf mehrere Miteigen- 
tümer zulässig ist, bestimmt sich nach den Familienverträgen und 
.Statuten, vol Ziff 6 der ersten Deklaration von 1824. Sovweit 
die Stammgutseigenschaft nicht entgegensteht, ist sowohl der
	        
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