I. Geschichte der Verfassung.
J.
Während die badischen Stammlande, die Markgrafschaften
Baden-Durlach und Baden-Baden, schon um die Mitte des 16. Jahr-
hunderts sich einer ständischen Verfassung zu erfreuen hatten, zufolge
deren die Vertreter der Städte und Landgemeinden sowie der Geist-
lichkeit eine Kontrolle der Staatsverwaltung und ein Steuer-
bewilligungsrecht auf den Landtagen ausübten :, deren Einberufung
jedoch vom letzten Drittel des 17. Jahrhunderts an unterblieben war,
hatte sich in den übrigen Landesteilen, die infolge der tiefgreifenden
territorialen und politischen Veränderungen in Süd= und Westdeutsch-
land zu Beginn des 19. Jahrhunderts dem Markgrafen Karl
Friedrich von Baden-Durlach zufielen, mit Ausnahmc des vorder-
österreichischen Breisgaucs, wo sich bis dahin eine ständische Verfassung
lebendig erhalten hatte, eine ähnliche Mitwirkung des Voltes an der
Staatsverwaltung nicht zu entwickeln vermocht. Dic wichtigen Ver-
änderungen, welche die Auflösung des Deutschen Rcichs und die Bil-
dung des Rheinbundes für das Staatswesen brachten, und insbesondere
die Schwierigkeiten, welche die Einverleibung so verschicdenartiger
Lande in das neue Großherzogtum mit sich führte, ließen schon bald
nach dessen Begründung im Jahre 1806 das Bedürfnis erkennen, daß,
wie in einer landesherrlichen Verordnung vom 5. Juli 1808 (Regl
Nr XXI, S 185) angekündigt wurde, „mittelst einer Landesrepräsen--
tation, wic sie in Bayern und Westfalen eingeführt worden, das Band
zwischen Uns und dem Staatsbürger noch fester wie bisher geknüpft"
werde. Doch endeten die bezüglichen Vorarbeiten infolge der kriege-
1. Für die Zeit bis Ende 1818 im wesentlichen nach F. von
Weech, Geschichte der badischen Verfassung nach amtlichen Quellen.
Karlsruhe 1868.
2. Vgl J. J. Moser, Einleitung in das Markgräflich badische
Staatsrecht, S 361; F. von Weech, Die badischen Landtags-
abschiede, 1554 bis 1668, in der Zeitschrift für die Geschichte des
Oberrheins, 29. Bd, 1877, S 323 ff.
Glockner, Bad. Verfassungsrecht. 1