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sönlichen Kirchengemeindeangehörigkeit beruhen, nicht mehr ver—
pflichtet. Gleiches gilt beim Uebertritt in eine andere Religionsgemein-
schaft, wenn der Uebertretende von den Lasten seines bisherigen
Verbandes befreit sein will (G. v. 7. Dez. 1878). Die Ausgetretenen
können, nach Prüfung ihrer Religionsgrundsätze und Gebräuche hin-
gesehen auf die bürgerliche Ordnung und Sicherheit durch die Ab-
teilung IV des Staatsministeriums, eine besondere Religionsgemein-
schaft mit häuslicher und öffentlicher Religionsübung bilden und
Korporationsrechte durch Verleihung der Staatsregierung erhalten
(Art. 6 eod.; Art. 84 EG. z. BGB.). Vergl. auch oben § 25, II,
B, 16. Eheliche Kinder werden in der Religion des Vaters, unehe-
liche in der der Mutter erzogen. Doch hat — mit gewissen Modi-
fikationen — grundsätzlich derjenige, dem die Sorge für die Person
eines Kindes zusteht, das Recht, das religiöse Bekenntnis zu bestimmen,
in welchem es erzogen werden soll (G. v. 18. Aug. 1899). Der
Vormund oder Pfleger bedarf der Genehmigung des Vormundschafts-
gerichtt. Nach der Entlassung aus der Volksschule oder nach
Erreichung des entsprechenden Alters gehört zur Aenderung des Be-
kenntnisses eines Kindes seine Zustimmung.
Jedem bilfsbedürftigen Deutschen, sowie auch den aufenthalts-
berechtigten Ausländern ist von dem verpflichteten Armenverbande
(s. o. §§ 21, vorl. Abs.; 221) Oddach, Unterhalt, Krankenpflege und
Begräbnis zu gewähren, eventuell in einem Armen= oder Kranken-
hause und unter Anweisung entsprechender Arbeiten (G. v. 24. Febr.
1872, 14. Dez. 1889; ferner oben §§ 17, III I.; 19).
Alle Untertanen haben zu den Zwecken des Staates beizutragen,
namentlich durch Steuern nach Maßgabe der Gesetze (Art. 10 G.).
Alle im Lande sich aufhaltenden Fremden sind, soweit sie nicht eine
völkerrechtliche Ausnahme genießen, den Gesetzen des Landes Gehorsam
schuldig und werden wegen der im Lande vorgenommenen Hand-
lungen nach diesen Gesetzen beurteilt. Sie genießen den Schutz des
Landes, können aber bei unruhigem und ungesetzlichem Verhalten aus
dem Lande gewiesen werden #).
In den als Mittelpunkte des Gewerbes und Handels sich zeigen-
den Orten können Handels= und Gewerbekammern eingerichtet werden
zur Vertretung gemeinschaftlicher Interessen dieser und als sachverständige
Organe der Regierung (Art. 77 G. v. 16. Juni 1862), deren Mit-
1) Bezüglich deutscher Reichsangehöriger modifizieren diese Bestimmungen die
Reichsgesetze (vergl. z. B. Art. 3 der Reichsverf.; § 12 BG. v. 1. Nov. 1897).